Das Bildungsministerium hat die Entscheidung der Philosophischen Fakultät, Edward Snowden die Ehrendoktorwürde zu verleihen, als rechtswidrig beanstandet. Das Dekanat ist tief enttäuscht über diese Entscheidung des Bildungsministers. Sie wird weder der wissenschaftlichen Urteilskraft der renommierten Gutachter in diesem Verfahren gerecht noch der differenzierten wissenschaftlichen Auseinandersetzung mit dem Thema seitens der Ehrenpromotionskommission und des Fakultätsrates. Vor allem verkennt das Ministerium die bereits jetzt sichtbaren wissenschaftlichen Folgen des Wirkens von Edward Snowden, der durch seine Zivilcourage und seine mutige Handlung die Welt über das globale überwachungssystem der amerikanischen, britischen und, wie wir inzwischen wissen, auch deutschen Geheimdienste aufgeklärt hat. Es ist die einzigartige Leistung von Edward Snowden als Aufklärer, die Welt über diese massenhafte und systematische Verletzung der Grundrechte und Menschenrechte gerade auch in demokratischen Staaten informiert zu haben. Die weltweite, innerhalb und außerhalb der Wissenschaften geführte Debatte über das Verhältnis von Privatsphäre und Öffentlichkeit, über das Verhältnis von Staat und Bürger sowie über die Gefahren der elektronischen Medien hat durch Edward Snowden seit einem Jahr einen Paradigmenwechsel erfahren. Sowohl für die Datenschutzdebatte als auch für die Diskussion um die Freiheitsrechte der Bürger in einer global vernetzten Informationsgesellschaft findet zur Zeit ein intellektueller Epochenwechsel statt, der die Geschichte unterteilt in eine Zeit vor Snowden und eine Zeit nach Snowden.
Es enttäuscht nicht nur die Entscheidung des Bildungsministeriums sondern auch dessen Begründung. Das Ministerium widerspricht der wissenschaftlichen Analyse und Schlussfolgerung der international renommierten wissenschaftlichen Gutachter und des Fakultätsrates, dass die Leistung von Edward Snowden eine besondere wis- senschaftliche Leistung sei. Damit beansprucht das Bildungsministerium die Defini- tionsmacht über das, was im humanistischen Sinne wissenschaftlich ist und was nicht. Entscheidung und Begründung des Bildungsministeriums verstoßen damit nach unserer Auffassung gegen das Grundrecht der Wissenschaftsfreiheit, die der Art.5 des Grundgesetzes allen Wissenschaftlern garantiert. Hat diese Entscheidung Bestand, so ist sie ihrerseits ein fatales Signal über den drohenden Verlust von Freiheitsrechten – in diesem Fall in der Wissenschaft und den Universitäten.
Das Dekanat wird die Begründung jetzt gemeinsam mit seinem Rechtsbeistand sorgfältig prüfen und sich dann zusammen mit dem Fakultätsrat der Philosophischen Fakultät über das weitere Verfahren verständigen. Es ist möglich, dass die Fakultät sich entschließt, gegen die Entscheidung des Bildungsministers vor dem Verwal- tungsgericht zu klagen. Allerdings ist abzuwägen, ob das die beste Möglichkeit ist, das eigentliche Ziel, Edward Snowden angemessen zu ehren, zu erreichen. Andererseits wiegt dieser Eingriff des Staates in die Wissenschaftsautonomie einer Fakultät, wie er in der Entscheidung des Bildungsministeriums zum Ausdruck kommt, schwer und wird seinerseits unser weiteres Vorgehen bestimmen.
Prof. Hans-Jürgen von Wensierski – Dekan
Prof. Gesa Mackenthun – Prodekanin für Forschung
Prof. Elizabeth Prommer – Medienwissenschaftlerin
PM
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