Pyranja Kolumne
Fertig
Okt 07
Ich bin fertig. Neulich hatte ich meine letzten mündlichen Prüfungen.
Jetzt bin ich offiziell erwachsen und habe nach zähflüssigen sechzehn
Semestern an der Uni endlich auch mal einen Abschluss und mein Diplom
in der Tasche. Wurde ja auch Zeit - sagen die einen. Gut Ding will
Weile haben - finde ich viel besser. Ich kenne auch niemanden der es
geschafft hat sich in viereinhalb Jahren Regelstudienzeit über seinen
weiteren Lebensinhalt wirklich klar zu werden, nebenbei Geld zu
verdienen (Denn wer von uns hat schon reiche Eltern, die einem
jahrelang die Scheine hinter hertragen?), hier und da ein Praktikum
einzuschieben, um schon mal Berufserfahrung zu sammeln, eventuell noch
eine Ausbildung zu absolvieren und dann zwischendurch noch all die
Dinge zu tun, die man unbedingt machen muss zwischen 20 und 30 –
einfach deshalb, weil es mit zunehmendem Alter und wachsender
Verantwortung nicht leichter wird seine Träume zu verwirklichen. Zum
Glück habe ich eine Familie, die dies versteht und unterstützt. Meine
Eltern wissen, dass ein oder zwei gut genutzte Urlaubssemester
mindestens genauso wichtig sein können, wie bestandene Prüfungen. Und
auch, dass es kein Weltuntergang ist, sich anders zu orientieren, wenn
einem das erste Studium nicht gefällt. Die meisten unserer Väter und
Mütter hatten in der DDR nicht wirklich die Wahl sich frei zu
entscheiden, wohin sie die berufliche Reise einmal führen soll. Heute
fällt es uns schwer zwischen all den unendlichen Möglichkeiten die
richtige Entscheidung zu treffen. Wir beklagen uns über zu wenig Geld
(trotz Bafög und vergleichsweise geringer Studiengebühren), über hohe
NC's, über die miserablen Aussichten auf dem Arbeitsmarkt und übersehen
dabei häufig, dass wir im Prinzip die erste Generation sind, die sich
auch noch mit 29 wie ein Teenager fühlen darf. Ich habe Ewigkeiten
studiert. Doch nebenbei konnte ich ein Leben führen, das ich mit
niemandem tauschen möchte. Es war nicht immer leicht - ganz im
Gegenteil, doch immerhin habe ich die letzten acht Jahre ein absolut
selbst bestimmtes Leben geführt und bin jeden Tag ein kleines Stückchen
mehr gewachsen. Nun weiß ich zwar noch immer nicht „was ich mal werden
möchte, wenn ich groß bin", doch ich habe keine Angst mehr vor der
ungewissen Zukunft. Vielleicht verstecken sich in der Ungewissheit die
größten Möglichkeiten. Man muss nur den Mut aufbringen sie zu suchen.
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