Nachdem Hole jahrelang musikalisch nicht in Erscheinung getreten sind, fragt man sich ja, ist nun mit dem neuen Album Nobody’s Daughter alles neu? Kaum möglich, wenn mit Courtney Love als einziger Konstanten die dominante kreative Kraft geblieben ist – mit Betonung auf dominant, denn sie hat mal eben alle Bandmitglieder durch neue ersetzt. Dazu kommen alte Bekannte, die Love beim Entstehungsprozess des Albums unterstützten, wie Billy Corgan von den Smashing Pumpkins und Linda Perry, ihres Zeichens ehemalige Sängerin der Four Non Blondes und Texterin für Popgrößen wie Pink und Christina Aguilera. Love präsentiert das Album als therapeutische Maßnahme. Nach eigener Aussage verarbeite sie den Umgang der Medien mit ihrer Person und Erfahrungen aus ihrer exzessiv gelebten Vergangenheit. Außerdem nennt sie Elvis, den Film Elizabethtown und den Aufenthalt in einer Entzugsklinik als ihre Inspirationsquellen. Mit dem Opener und Titelsong gelingt ein erstaunlich atmosphärischer Einstieg, der emotional gesungen und textlich anspruchsvoll ist, und merklich Corgans Einfluß widerspiegelt. Wesentlich rotziger kommt da die Single Skinny Little Bitch daher. Nach dem breitgemehrten Abgesang auf alle, die Love nicht das Wasser reichen können, klingt sie mit sich überschlagendem Gekreisch aus und entspricht schon eher der Fuck-Off-Attitüde, die Love immer pflegte. Obwohl Love es als Künstlerin nicht nötig hätte, bezieht sie sich während der Promotion ihres Albums explizit auf ihren verstorbenen Ehemann, von welchem der Song Honey handle. Wiederholt stellen der Einsatz der Akustikgitarre und die Intensivität von Loves Gesang eine starke Intimität her, die auch ohne Referenz zu Cobain ihre Wirkung entfaltet. Offensichtlich gibt es aber auch positive Erinnerungen, die zum Beispiel dem Song Pacific Coast Highway, der inhaltlich und musikalisch stark an Malibu angelehnt ist, nostalgische Züge verleihen. Im Verlauf des Albums wechseln sich die zahmeren Stücke des Bedauerns oder Selbstzweifels mit Songs ab, in denen fleißig ausgeteilt wird. Love beherrscht beide Spielarten des Rocks, obwohl ihr Texte wie „people like you fuck people like me in order to avoid agony / suffering“ besser stehen als ein Letter to God. Besonders, wenn sie als authentische Persönlichkeit wahrgenommen zu werden versucht. Nichtsdestotrotz ist Nobody’s Daughter ein gelungenes, abwechslungsreiches Album, das Hole wiederbelebt und Courtney Love als Künstlerin abseits ihrer persönlichen Schlagzeilen bestätigt.
Bester song zum gucken:
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