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Jörg Herrmann (44)

Jun 08
HOLLYWOOD INTERESSIERT MICH NICHT

Sehr leise und vorsichtig spricht Jörg Herrmann seine Sätze aus. Ungern gibt der 44-Jährige Auskunft über alles, was nicht direkt mit seiner Tätigkeit zu tun hat. "Warum soll ich über mich reden? Reden wir doch lieber über das, was ich mache." Was er macht sind Filme.



Gerade feierte Jörg Herrmanns Dokumentarfilm Ernst Heinkel und der Traum vom Fliegen Premiere im Rostocker LiWu. Die Hälfte der Leute musste draußen bleiben, weil es keine freien Plätze mehr gab. Doch nur schwierig ist dem Regisseur etwas Begeisterung über das Interesse an seinem letzten größeren Projekt  zu entlocken. Die Arbeit an dem 43-minütigen Streifen über einen der Pioniere der deutschen Luftfahrt nahm insgesamt vier lange Jahre in Anspruch, immer wieder gab es Finanzierungsschwierigkeiten – ein Problem, dass wohl jeder Filmemacher in unserem Land kennt. "In Mecklenburg Vorpommern gibt es kaum Produzenten, keine Fernsehstationen. Und wo soll bei nicht mal 1,7 Millionen Einwohnern das Publikum herkommen?" Schwierige Bedingungen also für freischaffende Filmemacher wie Herrmann. Dass Ernst Heinkel unterfinanziert ist, wie der Regisseur sagt, sieht man dem Streifen jedoch nicht an. Mit klaren Bildern, Expertenmeinungen und Zitaten zeichnet Herrmann den Aufstieg Ernst Heinkels nach. Seine  Flugzeugwerke beschäftigten zu Spitzenzeiten allein in Rostock 16000 Arbeiter. Hermanns Film zeigt jedoch nicht nur die Willensstärke und Begabung Heinkels, mit denen er technische Errungenschaften auf den Weg brachte. Skrupellos nahm der Industrielle das Angebot des Nazi-Regimes an, gegen ein Entgelt auch auf Zwangsarbeiter zurückzugreifen. Der Dokumentarfilm entscheidet sich nicht für eine Sicht auf Heinkel, sondern beleuchtet beide Seiten: die des technischen Genies, der Rostocker Lichtgestalt genauso wie die des systemtreuen Kriegsgewinnlers, dessen Flugzeuge unzählige Menschen töteten. "Ich finde es spannend, wie sich viele Zuschauer für eine der beiden Positionen entscheiden. Deshalb freue ich mich auch immer auf anschließende Diskussionen." Seine Filme sollen provozieren, denn Herrmann ist eine ablehnende Reaktion lieber als gar keine.

Geboren in Stralsund, zieht er mit 20 Jahren nach Rostock, um an der Universität Schiffstechnik zu studieren. "Ich hatte als Jugendlicher viele Interessen. Ich mochte Kunst in all seinen Ausdrucksformen wie Film und Musik, liebte aber auch das Wasser und wollte zur See fahren." Dass er sich für das maritime Studium entscheidet, hat vor allem pragmatische Gründe. Im Vergleich zu heute sei es ungleich schwieriger gewesen, eine Zulassung zum Filmstudium zu bekommen, der Einstieg in die Branche gelang damals eigentlich nur über Kontakte. Nach fünf Jahren macht Herrmann seinen Abschluss an der Uni und arbeitet dort anschließend für weitere fünf Jahre in der Forschung.

Neben Studium und Arbeit beschäftigt sich Jörg Herrmann längst mit dem Filmen. "Mit einer Super-8-Kamera habe ich bereits mit 20 die ersten kleineren Sachen gedreht. Experimentelles Zeug und Kurzfilme." Auf Privatpartys und halblegalen Filmfestivals werden diese Sachen dann gezeigt, was nicht immer ungefährlich ist. Bei befreundeten Filmemachern kommt es zur Beschlagnahme von Privateigentum durch die Staatssicherheit, denn vieles von Nachwuchskünstlern wie Herrmann ist subversiv angelegt.

Als das Forschungsprojekt ausläuft, verspürt der Rostocker nach zehn Jahren an der Universität den Drang, etwas anderes zu machen. Am hiesigen 'institut für neue medien' (ifnm) lässt sich Herrmann 1995 zum Videografiker ausbilden und erlernt dort das Handwerk und die Technik der Filmproduktion. Im Rahmen des einjährigen Lehrgangs werden unter anderem auch zwei Sendungen für ein Veranstaltungsmagazin erstellt und auf Welle-i ausgestrahlt. Welle-i ist damals ein Rostocker Lokalsender, der Standbilder mit Kulturtipps und Veranstaltungen sendet. Nach Abschluss der Weiterbildung zum Videografiker greift Jörg Herrmann zusammen mit dem ifnm und drei anderen Filmemachern diese Idee auf. Sie gründen das Stadt-TV-Magazin ‚Schlagloch’, welches jetzt auf Welle-i wöchentlich neue Veranstaltungs- und Kulturbeiträge sendet. Nach einiger Zeit steigt Herrmann jedoch wieder aus dem Projekt aus.  Herrmann will die Themen nicht nur oberflächlich anschneiden, sondern ausführlich berichten. Als dies nicht mehr möglich ist, kehrt er dem 'Schlagloch' den Rücken zu.

1996 macht sich Jörg Herrmann selbstständig und realisiert eigene Filmprojekte. Dabei geht es auch um Musik. Er dokumentiert das Frank Zappa-Gedenk-Festival Zappanale und dreht Musikvideos für  Dritte Wahl, mit deren T-Shirt er auch zum Interview-Termin erscheint. Der Clip zum Song ‚Die Kugel’ wird 2001 auf Viva gesendet. Ein anderes seiner Videos, für die Münsteraner Punk-Gruppe 0815, ist auf MTV Japan zu sehen. "Natürlich freut man sich darüber", gibt Herrmann zu. Generell sei es aber so, dass die meisten Bands in der Gegend wenig Geld haben, um professionelle Videos zu machen. "Und wenn Geld da ist, gehen sie nach Hamburg oder Berlin. Bekommen sie dort einen Plattenvertrag, gibt es das Videoteam oft gleich dazu." Herrmann jammert zwar nicht, aber man merkt schon, wie schwierig es ist, mit Filmen Geld zu verdienen.

Und dennoch sind in der letzten Zeit vermehrt Erfolge zu verbuchen. Das letzte große Projekt vor Ernst Heinkel war ein Dokumentarfilm über Peenemünde. Unter dem Titel War Requiem in Peenemünde –  Totenmesse an der Wiege der Rakete erzählt der Regisseur und Autor Jörg Herrmann die Geschichte der Heeresversuchsanstalt und Erprobungsstelle der Luftwaffe. Vor und während des Zweiten Weltkrieges wurden hier die V1- und V2-Raketen entwickelt. Anlass für diesen 90 minütigen Film ist eine Aufführung von Benjamin Brittens War Requiem in Peenemündeam am 60. Jahrestag des erfolgreichen Starts der V2, der ersten Rakete im All. . Unter den 1200 Zuschauern sind zahlreiche prominente Politiker wie Johannes Rau oder Michail Gorbatschow. Der Film wird außerdem ein Jahr später um 20.15 Uhr auf 3Sat gezeigt. "Ein Sendeplatz auf 3Sat, und dann noch zu dieser Sendezeit, das war schon eine schöne Sache", erinnert sich Herrmann. Arte und 3Sat sind für ihn die einzigen Sender, die nicht zur "Massenverdummung" beitragen. "Dort gibt es eben einen anderen Anspruch."

Diesen Anspruch, den Herrmann an Fernseh- sowie Kinoproduktionen stellt, überträgt er auch auf sein eigenes Schaffen. "Ich will nicht alles machen, nur die Sachen, die mich interessieren und die auch optisch etwas hergeben." Offenbar hat er ein Faible für historische Stoffe. Neben Peenemünde und Heinkel gab es von ihm schon Beiträge über das KZ in Barth und über das Ex-Stasi-Gefängnis in Schwerin. Auf die Frage, warum bisher nichts Fiktionales in Herrmanns Filmografie auftaucht, hat er wieder eine ganz pragmatische Antwort parat. "Ich muss von meinen Filmen leben, und Geldgeber für fiktionale Kunst zu finden ist einfach viel schwieriger als bei Dokumentarfilmen." Ein unglücklicher Umstand, denn schon seit einigen Jahren liegt ein fertiges Drehbuch für einen Spielfilm bereit. "Nach Süden ist eine Art Roadmovie mit viel Musik und spielt zu Wendezeite." Dass sich bis jetzt niemand für die Umsetzung bereit fand, findet Herrmann zwar traurig, aber er kann damit leben. "Ich will nicht nach Hollywood und werde auch nicht daran zerbrechen, wenn ich in meinem Leben keine einzige Fiktion realisiert bekomme. Obwohl ein Spielfilm sicherlich eine größere Herausforderung darstellen würde. Doch ich bin Realist genug, um zu wissen, dass nur ein glücklicher Umstand dazu führen könnte."                                    
                                                 
Von Robert Berlin


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