• K-zur-03
  • Rostock Party- Konzert- & Kultur-Veranstaltungen für den 01.04.2024
  • Rostock Party- Konzert- & Kultur-Veranstaltungen für den 02.04.2024
  • Rostock Party- Konzert- & Kultur-Veranstaltungen für den 03.04.2024
  • Rostock Party- Konzert- & Kultur-Veranstaltungen für den 04.04.2024
  • Rostock Party- Konzert- & Kultur-Veranstaltungen für den 05.04.2024
  • Rostock Party- Konzert- & Kultur-Veranstaltungen für den 06.04.2024
  • Rostock Party- Konzert- & Kultur-Veranstaltungen für den 07.04.2024
  • Rostock Party- Konzert- & Kultur-Veranstaltungen für den 08.04.2024
  • Rostock Party- Konzert- & Kultur-Veranstaltungen für den 09.04.2024
  • Rostock Party- Konzert- & Kultur-Veranstaltungen für den 10.04.2024
  • Rostock Party- Konzert- & Kultur-Veranstaltungen für den 11.04.2024
  • Rostock Party- Konzert- & Kultur-Veranstaltungen für den 12.04.2024
  • Rostock Party- Konzert- & Kultur-Veranstaltungen für den 13.04.2024
  • Rostock Party- Konzert- & Kultur-Veranstaltungen für den 14.04.2024
  • Rostock Party- Konzert- & Kultur-Veranstaltungen für den 15.04.2024
  • Rostock Party- Konzert- & Kultur-Veranstaltungen für den 16.04.2024
  • Rostock Party- Konzert- & Kultur-Veranstaltungen für den 17.04.2024
  • Rostock Party- Konzert- & Kultur-Veranstaltungen für den 18.04.2024
  • Rostock Party- Konzert- & Kultur-Veranstaltungen für den 19.04.2024
  • Rostock Party- Konzert- & Kultur-Veranstaltungen für den 20.04.2024
  • Rostock Party- Konzert- & Kultur-Veranstaltungen für den 21.04.2024
  • Rostock Party- Konzert- & Kultur-Veranstaltungen für den 22.04.2024
  • Rostock Party- Konzert- & Kultur-Veranstaltungen für den 23.04.2024
  • Rostock Party- Konzert- & Kultur-Veranstaltungen für den 24.04.2024
  • Rostock Party- Konzert- & Kultur-Veranstaltungen für den 25.04.2024
  • Rostock Party- Konzert- & Kultur-Veranstaltungen für den 26.04.2024
  • Rostock Party- Konzert- & Kultur-Veranstaltungen für den 27.04.2024
  • Rostock Party- Konzert- & Kultur-Veranstaltungen für den 28.04.2024
  • Rostock Party- Konzert- & Kultur-Veranstaltungen für den 29.04.2024
  • Rostock Party- Konzert- & Kultur-Veranstaltungen für den 30.04.2024
  • K-vor-05

Report

Clowns und Helden

Clowns und Helden

Jan 11

Ein Telefon unterbricht die Mittagsruhe in der Kinder- und Jugendklinik der Universität. Ansonsten herrscht Stille in den Fluren. Keine scheppernden Geschirrwagen, keine Anweisungen erfahrener Schwestern an nassforsche Zivis. Die kleinen und schon größeren Patienten sollen sich erholen von anstrengenden Therapien und Rehabilitationsübungen. Und sollen nicht noch ständig an ihre Umgebung erinnert werden.

Plötzlich öffnen sich die Türen der Station und ein paar bunte Gestalten huschen über den Gang. Viel zu große Jacken, Hosen und Schuhe, dazu die rote Nase – na klar: CLOWNS!
Sicher eine willkommene Abwechslung zum wohl nicht permanent lustigen Aufenthalt im Krankenhaus. Doch jetzt werden nicht etwa die Zimmer gestürmt. Vorher geht es in die Aufenthaltsräume der Ärzte und der Schwestern. Diese brauchen sicher auch mal Aufmunterung!?
"Ganz bestimmt," meint Tanja Streller "und die bekommen sie dann auch, aber vorrangig geht es darum, herauszufinden, in welcher Situation die Patienten sind. Wir wollen sie ja nicht mit einer Fröhlichkeitslawine überrollen, wenn ihnen gar nicht zum Lachen zu Mute ist."
Furcht vor dem Ungewissen, ein Gefühl des Ausgeliefertseins, Einsamkeit, Langeweile oder schmerzhafte medizinische Prozeduren bedeuten Stress für jeden Patienten. Auch wenn die medizinische Versorgung hervorragend ist, bleibt im Krankenhausalltag wenig Zeit, sich der emotionalen Bedürfnisse der Kinder anzunehmen.
Tanja Streller gehört zu den Rostocker Rotznasen, die regelmäßig Clownsvisiten durchführen.
"Wir machen keine Show, dass würde peinlich für alle sein. Wir erkundigen uns vorher, ob wir willkommen sind und in welcher Situation sich die Patienten befinden," erklärt Tanja, die sich im Kostüm zu "Flitze" verwandelt, ihre Vorgehensweise. "Um seriös und authentisch zu sein, ist Empathie am wichtigsten. Natürlich können und wollen wir uns nicht in die Lage der Patienten versetzen, aber wir werden immer versuchen, ihre Situation zu verstehen."
Im Patientenzimmer finden "Flitze" und ihr Partner eine nicht ganz unkomplizierte Konstellation vor. Zwei Jungs, 8 und 12 Jahre alt, beide schwer verletzt. Die Oma von Sascha* ist zu Besuch. Sie unterhalten sich auf Russisch. Auch Martin* hat Besuch. Als die Clowns herein kommen, bricht nicht sofort Heiterkeit aus. Die Jungs sind keine Kinder mehr. Sie bleiben erstmal cool, wollen "erobert" werden. Nun ist das Improvisationsvermögen des Clownsduos gefragt. "Flitze" geht auf Tuchfühlung mit den Besuchern und gewinnt diese für sich. Saschas Oma singt ein russisches Lied, dessen deutschen Text auch Martins Großmutter und die Clowns kennen. Und auch die Jungs stimmen bald ein. Ein russisch-deutscher Wechselgesang entsteht. Die beiden Patienten und ihre Familien sind aufgetaut. Man lässt die Clowns gewähren und macht mit. Die Jungs haben Spaß, auch wenn sie noch längere Zeit in Gips das Bett hüten müssen. Nach einer dreiviertel Stunde verlassen "Flitze" und Co das Zimmer, in dem die Party noch ein wenig weiter geht. Tanja Streller ist zufrieden. "In diesem Alter sind Patienten nicht immer einfach zum Mitmachen zu gewinnen. Oft verstehen sie ihre Lage schon und finden diese ungerecht. Bei Sascha und Martin hat es natürlich geholfen, dass die Omas sofort eingestiegen sind und die Jungs mitgezogen haben. Das war toll! Die Jungs waren dann frech, aber nicht respektlos. Dies klappt aber nur, wenn man den Unterschied zwischen kindisch und kindlich herausarbeitet und die Kinder spüren, dass man sie respektiert."
Heiterkeit ist also willkommen, aber nicht das Wichtigste.
Tanja Streller bestätigt, dass es nicht in erster Linie um das Lachen geht. "Wir versuchen, die Patienten auf verschiedenen Kommunikationsebenen zu erreichen. Der Clown ist ja eben nicht immer fröhlich und ein Possenreißer. Der Clown ist eine Kunstfigur, die Emotionen auslöst und selbst emotional ist. Wir wollen Reaktion und Kommunikations auslösen. Wenn gelacht wird, freut sich jeder, aber wenn wir helfen können, dass die Patienten ihre Angst vorm Krankenhaus und ihrer Situation überwinden oder zumindest für eine Zeit vergessen können, dann haben wir unser Ziel auch erreicht."
Doch nicht nur die Arbeit mit Kindern steht auf der Agenda der Rostocker Rotznasen. Auch in der Altenpflege versuchen sie zu helfen. Mit Erfolg. Denn Clowns lösen natürlich auch bei alten Menschen positive Reaktionen aus. Die Besuche von Clowns bei alten Menschen in Pflegeeinrichtungen ermöglichen spontane, spielerische Kontakte, sowie kleine poetische Momente, die zur Erleichterung und Verbesserung der Alltags beitragen. "Die Arbeit im Seniorenbereich ist anders als der Umgang mit Kindern, die man fast immer übers Mitspielen erreicht," erläutert Tanja, "bei den Senioren geht es darum, sie geistig wach zu machen und zu halten. Deshalb sind Musik und Geschichten wichtig. Und Zuhören. Der Clown löst manchmal Erinnerungen – insbesondere bei Demenzkranken – aus. Dann hören wir auch einfach nur zu. Die Zeit können wir uns, im Unterschied zum oft gestressten Personal in Senioreneinrichtungen, einfach mal nehmen."
Und dann erfahren die Clowns auch schon mal Dinge, die vielleicht schon viele Jahre verschüttet waren. So erzählt Tanja Streller von einem alten Herren, der sie auf französisch ansprach und mit dem sie sich dann in dieser Sprache lange unterhielt. Zur großen Überraschung seiner Logopädin!
Doch natürlich ist die Arbeit der Clowns nicht immer einfach. "Unsere Aufgabe ist toll, aber auch anstrengend. Wir sind menschliche, authentische Clowns. Unsere Visiten sind immer eine Mischung aus realem Leben und Spiel. Deshalb ist es wichtig, dass wir alle professionelle und gut ausgebildete Clowns und Kleinkünstler sind, die auf verschiedenen Clownerie-Schulen in Deutschland und Europa gelernt haben."
Um das dort gelernte zu vertiefen, aber auch um das Erlebte zu verarbeiten und die Qualität zu sichern, sind Coaching, Weiterbildung und Supervision, aber auch Training wichtige Elemente der Tätigkeit, die viel mehr als ein Job ist.
Die Rostocker Rotznasen gibt es seit 2007. Sechs Frauen und zwei Männer zwischen 23 und 45 Jahren spielen inzwischen fünf Mal im Monat auf den Kinderstationen der Rostocker Kliniken und im KMG in Güstrow. Und so unterschiedlich deren Charaktere sind, so verschieden arbeiten sie auch in ihren Rollen. Singen und Tanzen, Jonglage und Spielereien gehören zum Grundrepertoire der Clowns. Dabei braucht es auch eigentlich kaum Requisiten. In den Räumlichkeiten finden sich immer Dinge, die man umfunktionieren und so vielleicht ein Lächeln aus den Patienten heraus locken kann. So entstehen immer wieder neue Geschichten.
"Es gibt keine Erfolgsgarantie, aber eigentlich gelingt es uns fast immer, Zugang zu den Patienten zu bekommen." Die Ressource Humor ist natürlich Grundvoraussetzung für die Menschen, die kranken Menschen Freude bereiten wollen. Dies ist natürlich auch anstrengend, da man sehr viele Erinnerungen mitnimmt. "Feedback ist für uns sehr wichtig, um den Kopf frei zu halten und beruflich bleiben zu können ," betont Tanja "Flitze" Streller. "Man darf mit den Menschen nicht mitleiden, sondern mitfühlen! Sonst besteht die Gefahr, von den Problemen der Patienten überwältigt zu werden."
Diese Arbeit kann nicht ehrenamtlich sein, auch wenn sie es derzeit noch ist. "Für uns ist es wichtig, dass unsere Tätigkeit als Therapieform anerkannt wird, wie es bei Theater- und Musiktherapeuten ja auch der Fall ist," fordert Tanja Streller für sich und ihre Mitstreiter. Ärzte und Pflegepersonal sind sich einig, dass die Klinikclowns einen wichtigen Beitrag im Krankenhausalltag leisten. "Unser Anspruch ist, unsere Clowns für ihre Auftritte zu bezahlen."
Im Moment sind die Rostocker Rotznasen auf Spenden angewiesen, da die Einrichtungen nicht über genügend Mittel verfügen und es noch keine Förderung gibt.
Weiterhin ist es für die Konzentration der Clowns auf den therapeutischen Charakter ihres Wirkens wichtig, dass sie sich nicht auch um den administrativen Bereich kümmern müssen. "Spendenakquise, Marketing und Öffentlichkeitsarbeit sind wichtig für den Verein Rostocker Rotznasen e.V.. Im Moment machen wir dies alles selbst und es ist natürlich schwierig, beide Seiten unter einen Hut zu bekommen. Clownerie und Administration müssen getrennt sein. Deshalb ist es unser Ziel für 2011, aus dieser Doppelrolle herauszukommen."
So lange die Therapieform noch nicht anerkannt ist, werden Krankenkassen und öffentliche Träger die Kosten für die Hilfe der Clowns nicht übernehmen können. Deshalb sind Spenden für die Rotznasen überlebenswichtig. Dies ist in Teilen der Öffentlichkeit auch schon angekommen. So haben zum Beispiel die Stadtwerke für den Verein, und so natürlich für die Patienten gespendet.

CHRISTIAN RUTSATZ

*Namen von der Redaktion geändert


Schreibe Deine Meinung zu „Clowns und Helden”