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Literatur

DAS LEBEN IST ZUM KOTZEN

DAS LEBEN IST ZUM KOTZEN

Mai 10

Léo Malets Krimigeschichten, die das Leben schreibt.

Die Wiederentdeckung älterer Literaturperlen versprechen immer wieder interessante Einblicke in vergangene Gesellschaftsepochen. Léo Malets Krimis sind solche Zeugnisse der unruhigen Zeit am Anfang des 20. Jahrhunderts. Aus Anlass seines 100. Geburtstags veröffentlichte die EDITION NAUTILUS seine "Schwarze Trilogie" als Gesamtausgabe und bereits im letzten Jahr erschien in der EHAPA COMIC COLLECTION eine Umsetzung als "All-In-One-Comic".
Léo Malet wurde 1909 in Montpellier geboren. Mit drei Jahren starb seine gesamte Familie an Tuberkulose. Er wuchs bei seinem Großvater auf, der seine Lesebegeisterung früh an seinen Enkel weiter gab. Bereits bei seinem Grundschuleintritt konnte Malet Lesen, schon im Alter von acht Jahren verfasste er Gedichte, Lieder und Abenteuergeschichten. Früh verlässt er die Schule, bildet sich fortan autodidaktisch in Bibliotheken weiter. Er tritt der Groupe d'Etudes sociales, einer libertärenen Gruppierung, bei und korrespondiert mit André Colomer, Anarchist, Redakteur und Herausgeber verschiedener Zeitschriften. 1925 ging Malet mit nur 95 Francs in der Tasche nach Paris, wo ihn Colomer in die dortige anarchistische Szene einführte. In Paris arbeitete Léo Malet in mehreren Cabarets, sang auf der Straße und nahm verschiedene Gelegenheitsjobs an. Mit fingierten Arbeitsunfällen knöpfte er Versicherungen einige Mäuse ab. Trotzdem musste er oft unter Pariser Brücken nächtigen und wurde deswegen verhaftet. Gelegentlich wich er in Schlafsäle, so genannten Vegetarierheimen, aus, die von libertären, gewaltfreien Gruppen betrieben wurden. Es ist überliefert, das er für einen analphabetischen Erpresser die Briefe schrieb.
 Malet sagte von sich, dass sein Leben von zwei Andrés entschieden beeinflusst wurde.  Er hatte André Breton, Dichter und bedeutendster Vertreter des Surrealismus, Gedichte geschickt, der ihn daraufhin zu Sitzungen der Surrealisten einlud. Malet beteiligte sich an deren Demonstrationen und unterschrieb alle surrealistischen Manifeste bis 1943. Fortan zählten Künstler wie Yves Tanguy und Salvador Dalí zu seinen engsten Freunden. Im Sommer 1934 erfand er das surrealistische Décollage, bei dem Plakatfetzen aus dem öffentlichen Raum zu neuen Kunstwerken zusammengesetzt werden. Malet: "Plakate, die im Stehen schliefen, erwachen, und die Poesie zerfrißt die Wände."1 Er interessierte sich für den surrealistischen Film, sieht z.B. "Ein andalusischer Hund" von Luis Buñuel und Salvador Dalí. Aufgrund seiner Aktivitäten wurde er 1940 verhaftet, vor dem Heranrücken der deutschen Armee aber wieder entlassen. Von den Deutschen aufgegriffen, wird er in das berüchtigte Stalag XB zwischen Bremen und Hamburg verschleppt.
Wieder freigelassen verfasste Léo Malet ab 1941 erste Kriminalromane, erst unter angelsächsischen Pseudonym, weil sich amerikanische Detektivgeschichten besser verkauften. Doch mit der Herausbildung des französischen Roman noir wurde Malet von Freunden zu seinem eigenen Stil ermuntert, mit dem er bekannt werden sollte. 1943 erschien mit "120, Rue de la Gare" der Auftakt einer Reihe von 15 Erzählungen mit dem "Privatschnüffler" Nestor Burma. Die Handlung beginnt im Stalag XB. Malet stilisiert seinen Hauptprotagonisten als regelrechten Antihelden. Der muss bei seinen Ermittlungsversuchen immer wieder Misserfolge sowie diverse Tritte und Schläge einstecken, geht bei seinen investigativen Bemühungen aber auch nicht zimperlich mit seinen Gegenübern um. Malet thematisiert die Außenseiter-Milieus der Gesellschaft: Tagelöhner, Huren, Kleinkriminelle, Pechvögel – Menschen, die es schwierig in ihren Lebenssituation haben. Passend dazu schlägt Malet eine raue, harte Sprache an, die Handlungen beinhalten einen gehörigen Schuss hardboiled. Nebenbei: Jacques Tardi hat diese düstere Stimmung in fünf hervorragenden Graphic Novel-Adaptionen eingefangen (alle EDITION MODERNE).
 In der zwischen 1947 und 1949 geschriebenen und nicht ganz so bekannt gewordenen Schwarzen Trilogie schlägt sich Léo Malet auf die andere Seite der Kriminalität. In "Das Leben ist zum Kotzen" überfällt eine Gruppe einen Geldtransport mit der Absicht, streikende Bergarbeiter zu unterstützen. Dabei geht natürlich einiges schief: ein Wachmann wird erschossen, einer der Komplizen angeschossen. Hauptprotagonist Jean, der gegen fließendes Blut wenig auszusetzen hat, tötet ihn daraufhin in egoistischer Absicht. Er war ihm bei Frauen zu erfolgreich. Die Bergarbeitergewerkschaft distanziert sich danach von der gewalttätigen Aktion. Jean driftet in der Folge immer mehr in die Kriminalität ab, alle Beteiligten steuern unentrinnbar auf ihr klägliches Ende zu. Offenkundig stand die Bonnot-Bande, eine anarchistische Gruppe, die 1911/12 Banküberfälle durchführte, Pate für die Handlung. Malet verarbeitete in dem Stoff seine aktive Phase in anarchistischen Gruppen, die zu seiner Zeit die Praxis "illegaler Aktionen" intensiv diskutierten. Malet sagte von sich, dass er selber der Verführung durch "individuelle Aneignung" fast erlag, jedoch gerade noch den Absprung schaffte, um nicht in die banale Kriminalität abzurutschen. In "Die Sonne scheint nicht für uns" erlebt der junge Vagabund André einen kurzen Moment persönlichen Hochgefühls, als er sich Gina nähern kann. Doch das junge Glück hat in dem kriminellen Umfeld keine Chance. Einzige Hoffnung besteht am Ende nur darin, sich im Tod wiedersehen zu können. In "Angst im Bauch" wird Kleinganove Paulot von Polizei und den Medien zum kriminellen Monster stilisiert. Auch für ihn gibt es keinen Ausweg am Ende seiner Flucht. Die Schwarzen Trilogie gilt als Malets surrealistischstes Werk. So haben seine Handlungsträger freudsche Traumsequenzen. An die Stelle der Realität treten Wunschträume, die sich nie erfüllen werden. Dank einer Biografie und weiter führenden Nachworten der NAUTILUS-Ausgabe kann hervorragend nachvollzogen werden, wie intensiv Léo Malet sein Leben nahezu autobiographisch in seine Kriminalromane einbezog.
 Die Comicumsetzung bei EHAPA wurde von Philippe Bonifay und Youssef Daoudi umgesetzt. Einige Kürzungen und Umstellungen der Handlung sind der notwendigen Straffung des Stoffes geschuldet, beeinträchtigten das Erlebnis der Geschichten jedoch nicht negativ. Die widersprüchlichen Charaktere können nachvollzogen werden und die surrealistischen Sequenzen sowie der hardboiled-Faktor wurden ordentlich umgesetzt. Ein Vergleich der Romane Léo Malets und deren Comic-Umsetzungen eignet sich bestens, um anzutesten, was Graphic Novels bei Romanumsetzungen zu leisten vermögen.

von RONALD ZEUG (www.sequential-art.de)

Léo Malet "Schwarze Trilogie"
Als Roman: EDITION NAUTILUS, Sonderausgabe, 452 Seiten, ISBN 978-3-89401-725-5
Als Comic: EHAPA COMIC COLLECTION, Hardcover, 168 Seiten, ISBN: 978-3-7704-3260-8


1 www.doehl.netzliteratur.net/mirror/collreal.htm


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