Was man so hört und liest, sind die Black Lips ganz schöne „Bad Kids". Von der Schule fliegen, urinieren und kotzen auf der Bühne, Schlagzeug anzünden und kein Blatt vor den Mund nehmen, gehören zu den Disziplinen, welche die vier Garagenpunks aus Atlanta mit links meistern. Es heißt, sie hätten durch Auftrittsverbote auf sich aufmerksam gemacht und einen Plattenvertrag geangelt. Die erste große Tour wird überschattet von einer Tragödie. Gitarrist Ben Eberbaugh stirbt bei einem Autounfall. Die Band zieht trotzdem mit dem selbstbetitelten Debütalbum los und erobert die Clubs nach dem Motto: „Every night is Friday night." Die folgenden Alben steigerten die Popularität der Black Lips enorm, nicht zuletzt auch, weil die Werbebranche und die Filmindustrie die Songs der Band in Kampagnen bzw. Filmen verwursteten. Das Image der Band hält sich jedoch hartnäckig auf Punk-Niveau dank Puller- und Zerstörungsorgien auf der Bühne.
Mit dem sechsten Studioalbum „Arabia Mountain" beschreiben die Black Lips nun einen neuen Weg, denn bislang produzierte die Band sich selbst. Die Pop-Koryphäe Mark Ronson sollte die Band auf neuen Wegen begleiten. Neben seiner Arbeit mit Hochglanzkünstlern wie Robbie Williams oder Christina Aquilera, hat Ronson seinen Beitrag zum Retrosound von Amy Winehouse geleistet, dem man Gemeinsamkeiten mit dem Stil der Black Lips nicht absprechen kann. Dass Ronson Nahtoderfahrungen bei der Entstehung von „Arabia Mountain" zu erwarten hatte, ahnte niemand. Aber rohe japanische Fischgerichte isst man auch besser nicht, und wenn, dann in Japan...
Ronson scheint während der Produktion des Albums eine Obsession für rohes Fleisch entwickelt zu haben, wie die folgende witzige Anekdote zum Track „Raw Meat" belegt. Statt des üblichen Händeklatschens für die Percussion zu verwenden, ging Ronson in den Fleischer um die Ecke und besorgte Rippchen, die dann kräftig gegeneinander geklatscht wurden. Kinder: Mit Essen spielt man nicht!
Die Hälfte der Songs, die eben unter der Leitung von Mark Ronson entstand, fügt sich nahtlos und diskret in das Gesamtwerk.
„Arabia Mountain" startet mit „Family Tree" als Opener. Rekordverdächtig schnell überschlägt sich die Stimme des Sängers, sobald der erste Refrain erreicht ist. Beat und Riff und Saxophon vereinen sich zu einem astreinen Sixties-Garagen-Rock'n'Roll. Auch die zweite Singleauskopplung macht keine Gefangenen. Der Song „Modern Art" wurde vorab veröffentlicht. Textlich mal wieder ein Beispiel für die inhaltliche Vielfalt der Black Lips Songs. Lieder über Drogen, Spider Man oder eben rohes Fleisch sind Programm bei dem Quartett. Die meisten Songs des Albums sind happy-Beach-Boys-supi-dupi, doch wird die Stimmung mal gedrückt, wie zum Beispiel bei „Mr Driver" oder „You Keep On Running", bekommt man das Gefühl eines düsteren Trips.
Die Black Lips bleiben sich bei „Arabia Mountain" so treu wie Lassie seinem Herrchen. Das macht Fans glücklich und die Black Lips nicht zu U2. Gott sei Dank.
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