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Erich Kästner an der Ostsee - LITERATUR - 0381-Magazin
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Literatur

Erich Kästner an der Ostsee

Erich Kästner an der Ostsee

Aug 24
Erich Kästner hatte eine besondere Verbindung zur Ostseeküste, einschließlich Warnemünde. Obwohl seine Aufenthalte in Graal-Müritz gut dokumentiert sind, war auch Warnemünde ein bedeutender Ort für ihn.

Kästners Reisen an die Ostsee begannen schon früh in seinem Leben. Seine Erlebnisse an der Küste und seine Eindrücke von den dortigen Badeorten flossen später in seine literarischen Werke ein. Warnemünde, als ein weiteres wichtiges Ostseebad in der Region, spielte eine Rolle in Kästners Jugend und seiner schriftstellerischen Laufbahn.
Der Charme der Ostseeküste, zu der auch Warnemünde gehört, inspirierte Kästner in vielerlei Hinsicht. Seine Werke wie „Als ich ein kleiner Junge war“ und „Emil und die drei Zwillinge“ spiegeln seine Erlebnisse und die landschaftliche Schönheit dieser Region wider. Obwohl er Warnemünde nicht so explizit wie Graal-Müritz erwähnte, bleibt es dennoch ein Teil seines Ostseeerlebnisses.
Kästners Gedicht „Sachliche Romanze“, das in Verbindung mit seiner Jugendliebe Ilse Julius entstand, könnte durch seine Erlebnisse und Emotionen an der Ostsee beeinflusst worden sein. Joachim Puttkammer, der Kästners Leben und Werk illustriert, rezitiert Gedichte, die Kästners Verbindung zu diesen Orten verdeutlichen, einschließlich der Einflüsse von Orten wie Warnemünde.
Insgesamt zeigt Kästners Beziehung zur Ostseeküste, einschließlich Warnemünde, wie tief verwurzelt seine Erfahrungen und Erinnerungen an diese Region waren, und wie sie sein Schreiben geprägt haben.
Kästner studierte ab 1921 Germanistik an der philosophischen Fakultät in Rostock. Vor 50 Jahren verstarb Kästner am 29.7.1974. Heute erinnert in Rostock der Erich Kästner Weg an den berühmten Schriftsteller.

Zwischen allen Stühlen
Der Romancier und Lyriker Erich Kästner ist bis heute hauptsächlich als Kinderbuchautor bekannt - seinen Ruhm begründete er vor 95 Jahren mit dem Klassiker “Emil und die Detektive”. Im Juli jährte sich der Todestag des großen Mahners und Moralisten zum 50. Mal. 
Wie nur wenige vor und nach ihm verstand es Erich Kästner, Kindern auf unterhaltsame und sensible Art und Weise zu vermitteln, wie das Leben wirklich ist: spannend und langweilig, schön und traurig, poetisch und banal, leicht und abgründig zugleich. Seine Romane für Kinder sind in zahlreiche Sprachen übersetzt und werden noch immer mit großem Erfolg verfilmt und auf die Theaterbühne gebracht. Bis heute haben sie nichts an Bedeutung und Aktualität eingebüßt, denn Kästner nahm Kinder als Menschen ernst und mutete ihnen auch unangenehme Wahrheiten über das Leben zu. Vielleicht, weil er selbst erlebte und erlitt, was er später in seinen Büchern beschrieb - so etwa die große, aber nicht immer unkomplizierte Liebe zu seiner Mutter Ida.
Aus dem Musterknaben Erich aus Dresden (geb. am 23.2.1899), der sowohl mütterliche als auch gesellschaftliche Erwartungen um jeden Preis zu erfüllen gewillt war, wird im Laufe der Zeit ein unbequemer Moralist und Mahner. Die Aussicht auf eine biedere Existenz als Lehrer ist dem kritischen Geist zuwider. Er macht Abitur und studiert - was ihm seine Eltern bereitwillig zugestehen, obwohl sie dafür sehr hart arbeiten müssen. Schon auf dem Gymnasium lernt Kästner das kennen, was er später in Leipzig und Berlin exzessiv ausleben wird: Selbständigkeit und persönliche Freiheit. Er studiert Literatur, Geschichte, Philosophie, Zeitungskunde und Theaterwissenschaften, promoviert über ein Thema aus der Epoche der Aufklärung, lebt mit seiner ersten großen Liebe zusammen, trennt sich wieder - und macht erste Erfahrungen als Herausgeber, Journalist und Zeitungsredakteur. Lieber spart er am Essen als an Eintritten zu kulturellen Veranstaltungen.
In Leipzig macht Kästner wichtige Bekanntschaften, wie etwa die des Zeichners Erich Ohser, der später seine Gedichte illustrieren und in der Nazizeit unter dem Namen „e. o. plauen“ durch seine „Vater und Sohn“-Bildergeschichten berühmt wird. Vor allem aber beginnt der ehrgeizige Jungautor, Kindergeschichten und Gedichte zu schreiben. Es dauert einige Zeit, bis sich der typische Kästner-Ton herausbildet: satirisch, mokant, lakonisch und zurückhaltend im Gefühlsausdruck. Kästner wird zum geschätzten Vertreter einer literarischen Richtung, die später „Neue Sachlichkeit“ genannt werden sollte.  
In Berlin lebt der Autor mit Verve das, was man ein Bohèmeleben nennt: Er verbringt die Tage schreibend und diskutierend im Café Leon am Kurfürstendamm und genießt das Nachtleben der pulsierenden Metropole in vollen Zügen. In seinen Gedichten ergreift er Partei für die kleinen Leute und beschreibt wie nebenbei seine Zeit - die nicht nur goldenen Zwanziger Jahre: Fabrikarbeit und Vergnügungssucht, Arbeitslosigkeit und Weltwirtschaftskrise, Prostitution und Halbwelt, Einsamkeit und Anonymität des Großstadtlebens. Damals unterhält Kästner, der Zeit seines Lebens in einem intensiven Briefwechsel mit seiner Mutter stand und sie regelmäßig besuchte, zahlreiche erotische Beziehungen zu Frauen, die in seine Gedichtbände einfließen. Zu dem neuen, emanzipierten Frauentyp, der die Straßen der Metropole mit kurzem Rock und Bubikopf bevölkert, berufstätig ist und öffentlich raucht, hat er jedoch ein zwiespältiges Verhältnis. Auch als Romancier und Drehbuchautor wird Kästner in Berlin schnell erfolgreich. Er nutzt die Massenwirksamkeit der neuen Medien Hörfunk, Hörspiel und Film sowie die vielfältigen Möglichkeiten der boomenden Vergnügungsindustrie. Im Herbst 1929 erscheint sein Roman "Emil und die Detektive", der zwei Jahre später von Gerhard Lamprecht verfilmt wird. Weitere Kinoadaptionen entstehen in England, Argentinien, Brasilien, Japan und den USA. 
Obwohl sich Kästner nie parteipolitisch engagiert, spart er nicht an kritischen Kommentaren zur jungen deutschen Demokratie. 1931 veröffentlicht er den Roman „Fabian. Die Geschichte eines Moralisten“, der heute als einer der bedeutendsten der Weimarer Republik gilt. Dieses Großstadtepos zeichnet vor allem ein desillusionierendes Bild des Kleinbürgertums: Im Bewusstsein seiner moralischen Überlegenheit kann sich der Kleinbürger nicht zur Aktivität entschließen und ist den faschistischen Ideologen ungeschützt ausgeliefert. 1933 fällt „Fabian“ der Bücherverbrennung zum Opfer; bis auf „Emil und die Detektive“ stehen alle Kästnerschen Werke auf der schwarzen Liste und müssen aus dem Bibliotheken entfernt werden.
Erich Kästner ist zu dieser Zeit ein sehr erfolgreicher und auch im Ausland berühmter Schriftsteller. Doch er entscheidet sich, im Gegensatz zu vielen namhaften Kolleginnen und Kollegen, nicht zu emigrieren, sondern in Deutschland zu bleiben, was ihm nicht nur Sympathien einbringt. Er übersteht die Jahre der braunen Diktatur, indem er im Ausland Unterhaltungsromane veröffentlicht und in Deutschland unter Pseudonym erfolgreiche Boulevardstücke schreibt. Mehrmals wird er von der Gestapo verhaftet und verhört, aber immer wieder freigelassen. Auch für den Film ist er weiter tätig. Von ihm stammt – unter dem Pseudonym Berthold Bürger – das Drehbuch zur berühmten UFA-Produktion „Münchhausen“ aus dem Jahre 1943 mit Hans Albers in der Titelrolle. Äußerst professionell und flexibel setzt Kästner seine Begabung ein, um auch unter schwierigen Bedingungen als Schriftsteller zu überleben. Pikante Fußnote: Bis zur endgültigen Ablehnung 1939 versucht Kästner in mehreren Anläufen, Mitglied der Reichsschrifttumskammer zu werden. 1942 erscheinen in der Exilpresse irrtümliche Nachrufe auf ihn. Sein letztes Filmprojekt vor Kriegsende, das Drehbuch zu „Das doppelte Lottchen“, kann er nicht mehr vollenden; Hitler hatte kurz vor der Premiere des „Münchhausen“-Films herausgefunden, wer sich hinter dem Pseudonym „Berthold Bürger“ verbirgt und ein absolutes Berufsverbot über Kästner verhängt.
Weil er von der amerikanischen Militärregierung sofort den sog. „Persilschein“ erhält, kann Erich Kästner nach 1945 direkt an seine erfolgreiche Karriere in der Weimarer Republik anknüpfen. Seine Popularität ist ungebrochen. Aus zahlreichen Angeboten aus dem Kulturbetrieb entscheidet er sich zunächst, Leiter des Feuilletons der „Neuen Zeitung“ in München zu werden, gibt nebenbei eine Jugendzeitschrift heraus, schreibt weiter Kinderbücher und verfasst Texte für das Kabarett „Schaubude“. Ein besonderes Anliegen ist es ihm, den literarischen Emigranten wieder ein Forum in Deutschland zu verschaffen. 1948 entschließt er sich, seinen Redakteursposten niederzulegen und von nun an nur noch als freier Schriftsteller zu arbeiten.
Kästner gehört nicht nur zu den repräsentativen Figuren im Nachkriegsdeutschland; auch in der Schweiz und in Österreich wird er auf Lesungen enthusiastisch gefeiert. Er setzt seinen Prominentenstatus ein, um gegen die drohende atomare Bewaffnung der Bundeswehr und den Vietnamkrieg zu protestieren. Aus dem melancholischen Privatsozialisten der Weimarer Zeit ist ein kritischer, streitbarer Intellektueller geworden. Auch die wachsende Medienindustrie will von seinem Ruhm profitieren; eine neue Schokolade mit Füllung soll „Das doppelte Lottchen“ heißen.
Trotz seines Ruhms ist Kästner in seinen letzten Lebensjahren ein einsamer, krebskranker Mann mit einem chaotischen Privatleben. Neben einer langjährigen Lebensgefährtin, die ihm auch in Fragen der Literatur hilfreich zur Seite stand, hatte Kästner eine Geliebte und einen unehelichen Sohn, dessen Existenz er verschwieg. Am 29. Juli 1974 stirbt Erich Kästner in einem Münchner Krankenhaus.

Sabine Göttel und Olaf Neumann

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