Zentrum der Ausstellung ist das Gemälde „Nacht“ von 2003, in dem Körper, Raum und
Traumwelt in eine dichte Bildsprache verwoben sind. Dunkle Töne, losgelöste Formen und
eine fast schwebende Komposition verleihen dem Werk eine besondere Schwere, die
jedoch immer wieder von feinen malerischen Nuancen aufgehoben wird. Ergänzt wird es
durch Fragmentierungen, in denen organische Formen und Torsi aufbrechen, sowie durch
Blätter auf antikem Kontopapier, die Gatzemeiers Experimentierfreude mit Zeichnung und
Malerei belegen: Mal verdichtet sich die Bildsprache bis zum Monumentalen, mal öffnet sie
sich zu spielerischen, fast tänzerischen Variationen. Aktuell führen Blätter aus der Serie
„Insecta Poetica“ den Weg weiter und verbinden Naturbeobachtung mit kunsthistorischen
Bezügen.
Eduard Beaucamp bemerkte über Gatzemeiers Werk, es kenne „keine stilistischen
Kohärenzen, vielmehr vitalistische Rhythmen“: Genau dieser Wechsel von Gravitas und
Leichtigkeit, von Konzentration und Freiheit prägt die Ausstellung in Rostock. In den
Räumen der GOLDWERK GALERIE entsteht so ein Panorama, das die Vielfalt seines
künstlerischen Ansatzes auf eindringliche Weise erfahrbar macht: Das bewusst verdichtete
Setting lässt gerade durch die Reduktion auf einzelne Aspekte die Zusammenhänge
sichtbar werden. Thomas Gatzemeier arbeitet nonkonform mit dem Impetus der Moderne
und behauptet sein Werk als eine offene Partitur, in der jede Linie und jede Fläche auf das
Ganze verweist.
THOMAS GATZEMEIER, geboren 1954, wuchs in Döbeln/Sachsen auf. Nach einer Ausbildung zum
Schrift- und Plakatmaler, Grundwehrdienst und einer kurzzeitigen Beschäftigung als
Steinmetzgehilfe studierte er von 1975 bis 1980 Malerei und Grafik an der Hochschule für Grafik
und Buchkunst zu Leipzig. Seine Lehrer waren Arno Rink und Volker Stelzmann. Von 1980 bis 1986
arbeitete er als freiberuflicher Künstler in seiner Heimatstadt. 1984 stellte er einen Antrag auf
Ausreise, erhielt Ausstellungsverbot und wurde 1986 ausgebürgert. Seit 1987 stellt Gatzemeier in
Galerien, Kunstvereinen und Museen aus. Zahlreiche Werke befinden sich in renommierten
Sammlungen des In- und Auslandes: Die Galerie Neue Meister Dresden wie auch die Museen in
Heilbronn, Karlsruhe, Gießen und zahlreiche andere Sammlungen besitzen seine Arbeiten. 2002
arbeitete Gatzemeier ein Jahr lang an einem 60 Quadratmeter großen Altarbild in der Marienkirche
in Crailsheim-Onolzheim. Gatzemeier wohnte bis 2020 in Karlsruhe und zog nach Leipzig, wo er bis
heute lebt und arbeitet. Seitdem betreibt sein 2009 gegründeter Soll & Haben Verlag und
Kunsthandel eine Galerie in Leipzig.