Neun Jahre ist es nun her. Solange lebe ich schon in Deutschland. Im Jahr 2000 kam ich aus St. Petersburg zum Studium der Mikrosystemtechnik nach Berlin. Mikrosystemtechnik, das ist eine Wissenschaftsdisziplin, die sich mit der Herstellung kleiner elektrischer Bauteile und Geräte beschäftigt. Und ebenso, wie man große Geräte miniaturisiert. Diese Fachrichtung war damals ganz neu und wurde in Russland noch gar nicht angeboten.
Bereits zu Beginn meines Studiums wurde ich Werkstudent am Fraunhofer-Institut für Zuverlässigkeit und Mikrointegration Berlin. Diese Arbeit ermöglichte es mir, direkt nach Studienabschluss 2005 eine Tätigkeit als wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Universität Rostock aufzunehmen. Seitdem arbeite ich am Institut für Gerätesysteme und Schaltungstechnik als Assistent von Professor Mathias Nowottnick.
Das klingt vermutlich schrecklich langweilig. Aber: Ob in Autos, in der Bahn oder im Flugzeug – immer mehr werden mechanische Bauteile durch elektronische Komponenten ersetzt. Die Systeme werden immer komplexer, ihre elektronischen Bauteile sind aber so entscheidend, dass sie funktionieren müssen – zuverlässig und lange. Und wir arbeiten daran, dass das klappt.
Da Professor Nowottnick ebenfalls im Jahr 2005 neu berufen wurde, konnte ich von Beginn an an der Neugestaltung des Lehrstuhls mitwirken. Das macht mir viel Spaß. Meine Stelle erlaubt mir sogar die Promotion. Dafür forsche ich auf dem Gebiet der nanoskaligen Werkstoffe für die Aufbau- und Verbindungstechnik. Nano, das bedeutet "Zwerg". Und um zwergförmige Stoffe handelt es sich auch: nanoskalige Teilchen haben eine Länge von einem bis rund hundert Millionstel Millimeter. Sie werden anderen Werkstoffen beigemischt und ändern deren Verhalten und Eigenschaften. Etwa bei metallischen Werkstoffen, wo sie an der Oberfläche Korrosion verhindern, oder in der Optik, wo sie die Lichtlenkung und Lichtspiegelung verbessern. Professor Nowottnick habe ich es zu verdanken, dass er ein angenehmes Arbeitsklima geschaffen und immer ein offenes Ohr für neue Ideen hat.
Obwohl ich aus St. Petersburg komme, einer Stadt mit circa fünf Millionen Einwohnern, fühle ich mich im "etwas" kleineren Rostock inzwischen sehr wohl. Einerseits ist Rostock überschaubar und gemütlich, andererseits ist sie eine Studentenstadt, wo ziemlich viel los ist. Mich persönlich fasziniert besonders das mittelalterliche Flair, das durch enge Gassen, alte Kirchen und die Stadtmauer in der Östlichen Altstadt gezeichnet wird und das ich aus St. Petersburg nicht kenne. Meine Heimatstadt und Rostock haben aber auch etwas gemeinsam: beide liegen an der Ostsee. So kann ich wie früher beim schönem Wetter und vor allem im Sommer die Küste für ausgedehnte Fahrradtouren nutzen. Und mich am Strand von all der Forschung erholen.