Lesung & Gespräch mit dem Schriftsteller Ingo Schulze und Uwe Wittstock (Autor der aktuellen Fühmann-Biographie und Herausgeber)
Moderation: Thomas Gallien (Lektor, Hinstorff-Verlag) und Ulrika Rinke (Programmleitung, Literaturhaus Rostock)
Vvk.: Universitätsbuchhandlung Hugendubel
Franz Fühmann war einer der größten deutschsprachigen Autoren des 20. Jahrhunderts. Sein Lebensweg war geradezu exemplarisch für seine Generation. Wie kaum ein anderer hat Fühmann seine Wandlungen kritisch und öffentlich reflektiert – vom jugendlichen, überzeugten Nationalsozialisten zum ebenso überzeugten Kommunisten und schließlich zu einem, der an die Idee des Sozialismus glaubte, aber gegen die Verhärtung der Herrschaftsverhältnisse in der DDR anschrieb.
Fühmanns Werk überzeugt durch seine Vielfalt und Sprachmacht, er bewegt die Lesenden durch die schonungslose Ehrlichkeit seiner Selbstbefragung. Und doch ist sein Werk viel zu wenig bekannt.
Uwe Wittstock hat anlässlich des 100. Geburtstags dem Leben und Werk Franz Fühmanns die schmale, mitreißende Biographie „Wandlung ohne Ende“ (Hinstorff Verlag 2021) gewidmet. Als Herausgeber stellt Wittstock der Biographie den Erzählband »Mein letzter Flug« zur Seite: acht Erzählungen Fühmanns, die in dieser Folge so noch nie erschienen sind, zusammengenommen aber den Roman ergeben, den zu schreiben Fühmann nicht möglich war, den „Roman einer Jugend unter Hitler“.
Die Frage, die so viele andere vermieden, verschwiegen, verdrängten, war für Fühmann unabweisbar: „Wie konnte ich zum Nazi werden?“ Die frühe Verstrickung des sudetendeutschen Jungen in den Nationalsozialismus war sein Lebensthema, und auch die „Bekehrung“ in sowjetischer Kriegsgefangenschaft erkannte Fühmann schließlich schmerzlich als Rückfall in ein ideologiewilliges Denken.
Dieser Abend ist eine Einladung zum Wieder- und Neuentdecken des Autors und des Menschen Franz Fühmann. Im Gespräch mit dem Herausgeber und Biographen Uwe Wittstock ist der begeisterte Fühmann-Leser Ingo Schulze, einer der wichtigsten Schriftsteller der deutschsprachigen Gegenwartsliteratur.
Uwe Wittstock, geboren 1955 in Leipzig, war Literaturkritiker der FAZ, Lektor im S. Fischer Verlag, stellvertretender Feuilletonchef und später Kulturkorrespondent der Zeitung DIE WELT und zuletzt Literaturchef des FOCUS. Vor seiner Fühmann-Biographie „Wandlung ohne Ende“ veröffentlichte er den Bestseller „Februar 33“ (C.H. Beck).
Ingo Schulze, geboren 1962 in Dresden, studierte klassische Philologie in Jena. Bereits sein erstes Buch »33 Augenblicke des Glücks«, 1995 erschienen, begeisterte Kritik und Publikum. »Simple Storys« (1998) wurde ein spektakulärer Erfolg und ist Schullektüre. Es folgten das Opus magnum »Neue Leben« (2005), die Erzählungen »Handy« (2007) und »Orangen und Engel« (2010) sowie die Romane »Adam und Evelyn« (2008) und »Peter Holtz. Sein glückliches Leben erzählt von ihm selbst« (2017), der auf der Longlist des Deutschen Buchpreises stand. Zudem veröffentlichte Ingo Schulze Essays und Reden, darunter »Was wollen wir?« (2009) und »Unsere schönen neuen Kleider« (2012), sowie das Künstlerbuch »Einübung ins Paradies« (2016). Im Frühjahr 2020 erschien der Roman »Die rechtschaffenen Mörder«, der für den Preis der Leipziger Buchmesse nominiert war. Im Jahr 2020 wurde Ingo Schulze mit dem Verdienstorden der Bundesrepublik Deutschland für sein Engagement als politischer Autor und Künstler ausgezeichnet. Zuletzt erschien der Essayband »Der Amerikaner, der den Kolumbus zuerst entdeckte ...«. Ingo Schulzes Werk wurde mit zahlreichen Preisen ausgezeichnet, zuletzt u.a. mit dem Preis der Literaturhäuser, und ist in 30 Sprachen übersetzt.