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„Peter Lurenz bi Abukir“
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Eine niederdeutsche Seemannsgarngeschichte der Extraklasse
Die Geschichte „Peter Lurenz bi Abukir“ gehört zu den Kabinettstücken des niederdeutschen Autors John Brinckman. Diese 1868 entstandene Novelle steht ganz in der Tradition des Seemannslateins: Der Kaufmann Peter Lurenz kompensiert das Kleinbürgerlich-Normale seines Rostocker Provinzlebens durch eigene Phantasieabenteuer als seefahrender Händler, die er dem erzphiliströsen Rostocker Gastwirt Block unterschiebt. Dabei greift Brinckman auf eine durchaus reale Person zurück: Peter Lorenz war ein stadtbekanntes Rostocker Original, das Gegenstand einer Reihe von Anekdoten wurde. Zentrales Ereignis in dieser Geschichte ist die Seeschlacht der englischen Flotte (unter Admiral Nelson) gegen die Franzosen im Jahre 1798 bei Abukir (in der Nähe von Alexandria) im südöstlichen Mittelmeer. Peter Lurenz, sich gebärdend als Erfinder ganz neuer Navigationsmethoden, -„de horizontale Peilung un den submarinen Pegel“ - beansprucht damit den Sieg Nelsons bei dieser historischen Schlacht mit geradezu halsbrecherischer Einbildungskraft für sich selbst. Diese phantastisch-verlogene Geschichte entbehrt dabei keineswegs der inneren Logik, weil er einerseits den englischen Admiral herabsetzt und ihn zugleich lobt, während er andererseits seine eigene Renommierlust ständig durch eine vermeintliche Bescheidenheit kaschiert. Nelson, vor allem aber seine kopfnickenden und stammelnden Kapitäne, erhalten in Peter Lurenz’ Erzählung das geistige Profil mecklenburgischer Kleinstadtschuster, während er sich selbst zu einer historischen Persönlichkeit aufbläst. Dabei versteht es Brinckman meisterhaft, diese faustdicken Lügen in die historischen Fakten der Vorgänge bei Abukir einzubauen; die Schlachtordnung, die Schiffsnamen, die Taktik Nelsons entsprechen bis ins einzelne der Realität dieser Seeschlacht. Wie in dieser Lügennovelle eine welthistorische Entscheidung auf den Kopf gestellt wird, ist ein Paradebeispiel großer niederdeutscher Erzählkunst. Zu der gelesenen Geschichte werden plattdeutsche und hochdeutsche Lieder mit maritimem Bezug aus der Feder Wolfgang Riecks oder nach Texten anderer Autoren zu hören sein /* */ ?> |