Pyranja Kolumne
Ich weiß es noch, als wäre es gestern gewesen.
Man verbinde zwei dünne Holzlatten im rechten Winkel, bespannt das so entstandene Kreuz mit Pergamentpapier, bastelt aus den Resten desselben lustige Schleifchen, die man an einer langen Schnur festknotet und so zum Drachenschwanz mutieren lässt. Dann mit vollem Karacho irgendeinen Hügel auf irgendeinem Acker herunterrennen und dabei den Drachen langsam immer höher steigen lassen, indem man die aufgewickelte Fadenrolle gleichmäßig durch die Hände gleiten läßt. Ich weiß auch noch, wie ich Ende der neunziger Jahre meinen ersten Kiter gesehen habe und nicht fassen konnte, wie hoch und weit man sich mit Windkraft allein in den Himmel tragen lassen kann. Mittlerweile werden riesengroße Ozeantanker von riesengroßen Kites über die riesengroßen Weltmeere gezogen. Dabei war der Weg vom Kindespielzeug zum umweltschonenden Prestigeprojekt gar nicht so weit. Anfänglich als Hype und Eintagsfliege verschrien, etablierte sich das Kiten unter Wassersportlern und Boardliebhabern schnell zum alternativen Adrenalinkick. Viele Windsurfer verliebten sich in diese platzsparende Variante. Und nicht nur die – immer mehr Frauen und Mädchen (auch ohne Windsurferfahrung!) entdecken diesen Sport für sich. Klar, ein paar Muckis sollten schon vorhanden sein vor dem ersten Bodydrag und es ist durchaus hilfreich, schon mal auf einem Wake-, Skate- oder Snowboard gestanden zu haben. Solange man aber keine Angst vor dem Wasser hat und nicht ganz unbeweglich ist, lernt man Kiten relativ leicht, und falls sich ein Sturz ins Wasser mal nicht vermeiden läßt, so ist dieser weitaus weniger schmerzhaft als eine Bruchlandung auf Asphalt oder vereister Skipiste. Vor kurzem hatte ich das Glück, ein siebenjähriges Mädchen mit absoluter Selbstverständlichkeit beim Kiten zu beobachten. Der ganze Strandabschnitt war inspiriert von ihren leuchtenden Augen. Vor allem aber den Männern unter ihren Zuschauern blieben die Münder offen stehen. Kein Wunder, denn es muss schon ein wenig deprimierend sein als alter Hase auf dem Brett von einer Siebenjährigen überholt zu werden. Auch mich hat ihr Strahlen mehr als verzaubert. Und: Ich habe in ihr endlich ein richtiges Vorbild gefunden. Los, ab auf die Boards, Mädels! See ya am Strand!
Eure Wasserratte, Pü
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