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Wenn Kat Frankie auf der Bühne steht, sieht man eine androgyn wirkende Frau, die sich entweder lässig die Gitarre umhängt oder unaufgeregt die Hände in die Hosentaschen steckt, bevor sie ans Mikro tritt. Und dann, wenn der Gesang einsetzt, verwandelt sich die vermeintliche Abgeklärtheit der Musikerin in ein Balancieren am Abgründigen. Diese tiefe, dunkle Stimme, die in ihrer Intensität gleichermaßen an Annie Lennox oder PJ Harvey erinnert und doch eine ganz eigene, einzigartige Welt herauf beschwört.
Jüngstes Beispiel, ihr drittes Werk "Please Don’t Give Me What I Want", auf dem Kat Frankie einmal mehr ihre Weiterentwicklung als Produzentin und Arrangeurin beweist. „Ich möchte, dass meine Platten so klingen wie in meinem Kopf. Und das kann niemand für mich übernehmen, das kann ich nur alleine“, sagt die Musikerin und arbeitet deshalb stetig daran, den Aufnahmeprozess mehr und mehr eigenständig zu verantworten. Schon ihre ersten beiden Alben hat Frankie im Alleingang produziert, mit „Please Don’t Give Me What I Want“ sei es ihr aber zum ersten Mal gelungen, die Vorstellungen aus ihrem Kopf fast haargenau umzusetzen.
2004 kam die Australierin nach Berlin, nachdem sie in ihrer Heimat Sydney neben ihrem Beruf als Innenarchitektin bereits Musik gemacht hatte. In Berlin schließlich wurde die Musik ihr Fulltime-Job, und 2007 erschien das Debüt „Pocketknife“ auf dem Label Solaris Empire von der Berliner Singer/ Songwriterin Kitty Solaris. Ihre Verbindungen zur Berliner Musikszene schätzt Kat Frankie bis heute, auch wenn ihr zweites Album „The Dance of a Stranger Heart“ 2010 bei dem von ihr gegründeten Label Zellephan veröffentlicht wurde.
Des Etiketts einer jungen Singer/Songwriterin an der Gitarre hat sich die 33-Jährige längst entledigt. Kat Frankies Songs sind größer und komplexer geworden, melodischer und interessanter. „Please Don’t Give Me What I Want“ nächtigt gar beim Pop und schlafwandelt doch in Richtung tiefgründiges Songwriting. Die Musikerin gibt zu, dass die letzte Platte noch stark introvertiert und verhaltener gewesen sei, sie selbst nun aber eine Art Wendepunkt überschritten habe. „Ich schere mich nicht länger um mögliche Konsequenzen oder darum, was die anderen sagen könnten, ich tu was ich will“, sagt Kat Frankie lachend, davon überzeugt, jede Idee, die in ihrem Kopf umherschwirrt, in die Freiheit zu entlassen.
Eine dieser Ideen war es noch konkreter als auf „The Dance of a Stranger Heart“ auf den Spuren George Gershwins zu wandeln. Schon immer habe diese Musik ihren Reiz auf sie ausgeübt, aber erst seit sie gelernt habe, Klavier zu spielen, konnte sie den passenden Song dazu schreiben. Auf „Please Don’t Give Me What I Want“ sind es sowohl das ruhige, melancholische „Casual Advice“ als auch das von schwachen Bläsern begleitete „Heels to the Board“, die die Stimmung eines Gershwin-Musicals einfangen. Auch wenn Kat Frankie sich für die Studioaufnahmen einen professionellen Konzertpianisten holte, bei ihren Live-Konzerten wird sich die Autodidaktin selbst ans Klavier setzen. Ein weiteres Instrument, das für ihr drittes Album zum Einsatz kam, ist ein Harmonium namens Bina, das ihr Tele-Sänger Francesco Wilking aus Indien mitgebracht hat und Namensgeber für den Eröffnungstrack der Platte ist.
Mehr noch als die Instrumentierung spielte für „Please Don’t Give Me What I Want“ der Einsatz der Stimme eine Rolle. „Ich wollte ein Album machen, auf dem der Gesang im Mittelpunkt steht, die Stimme und was sich alles mit ihr anstellen lässt,“ erklärt die Musikerin und verweist auf Phrasierung und Tempo wie auch auf Aufnahmetechniken, die ihrer Stimme ein wandelbares Gewand entworfen haben. So nahm sie „Requiem for a Queen“ in einem langen Korridor, zehn Meter vom Mikro entfernt auf, um ihren Gesang wie einen Ruf aus weiter Ferne wirken zu lassen. Oder statt auf die Unterstützung eines Synthesizers zu setzen, loopte sie ihre Stimme mit Hilfe einer schlichten Loop-Maschine. Zu hören auf dem wunderbaren „Frauen verlassen“, ein Song, der von der Trennung eines Paares handelt und auf welche Seite sich die gemeinsamen Freunde stellen.
Außerdem hat Kat Frankie für "Please, Don’t Give Me What I Want" zum ersten Mal einen deutschen Song geschrieben: „Der Ertrag“ wurde inspiriert von Sherlock Holmes „Der Hund von Baskerville“ und Kate Bushs musikalischer Umsetzung des Brontë-Klassikers „Wuthering Heights“. Noch eine literarische Bekannte treffen die Hörer bei „Ophelia“, einen Song, den Kat Frankie aus der Perspektive ihres Bruders Laertes singt.
Nein, Kat Frankie ist weiß Gott keine oberflächliche Künstlerin, die das Musikmachen als lockeren Zeitvertreib betrachtet. Mit Haut und Haar vergräbt sie sich in ihrer Arbeit. Man kann sie Kontrollfreak nennen, oder eben einfach eine Ausnahmekünstlerin.
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VVK: 14€ / AK: 18€
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