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„Rammstein? Das nehme ich als Kompliment!“ - Angesprochen auf seine immer wieder überraschenden Klangwelten muss Jacob Karlzon lachen. Nicht ironisch, im Gegenteil. Sehr freudig sogar. Und so laut und herzlich, wie ein Mann dieses Formats eben lachen kann - sehr laut. „Ich habe als Kind und Jugendlicher schon viel Metal und Electro gehört. Auch wenn die Musik selbst eigentlich nichts für Pianisten ist - aber die transportierte Energie, die ist es schon! Musik zu hören, die man selber nicht spielt, eröffnet einem völlig neue Horizonte.“
Und Jacob Karlzons Horizont ist weit. Der 2010 in seinem Heimatland Schweden als Jazz-Musiker des Jahres ausgezeichnete Pianist liebt es, mit den Extremen zu arbeiten. Angefangen bei seinem Instrument, dessen emotionale Bandbreite von fragil bis machtvoll er immer wieder von Neuem auslotet. „Ich kam zum Jazz, weil ich große Lust an diesem spontanen Spiel hatte. Als ich merkte, dass Improvisation vor allem eine direkte Kommunikation mit dem Publikum bedeutet, einen Austausch von Energie und Emotion, da hat es mich gepackt. Dieser Spaß hat mich süchtig gemacht nach immer mehr und mehr.“
Und so macht Jacob Karlzon vor nichts halt, um kraft seiner Töne und Klänge großformatige musikalische Bilder entstehen zu lassen. Das tut er mit seinen ganz eigenen Mitteln, und die sind verblüffend: Sowohl brillante Technik im Spiel als auch brillantes Spiel mit der Technik - neben seinen instrumentalen Fähigkeiten ist es auch eine große Vorstellungskraft für moderne Sounds, die Jacob Karlzons Musik prägt. „Technorganic“ nennt er das, oder auch „accoustic but electric“. Aber eigentlich sind das alles nur Ausdrucksmittel, kein Selbstzweck. Der „Jeans and Boots Guy“ will etwas erzählen, von Erlebtem und Erträumtem, will etwas preisgeben von sich, von seiner Lust an Spiel und Musik. Und nicht bloß ein technisch brillantes Feuerwerk abfackeln - welches er freilich trotzdem bietet auf seinem neuen Album. MORE heißt es, der mittlerweile neunte Tonträger unter seinem Namen, der erste auf dem deutschen Label ACT.
Gemeinsam mit seinen JK3-Gefährten Hans Andersson am Bass und Jonas Holgersson an den Drums zieht Jacob Karlzon darauf Spannungsbögen von großer Kraft und Intensität. Er verliert sich nie in Details, wenngleich es davon in jedem der elf Stücke immer wieder neue zu finden gibt.
Der rastlose Opener „Running“ eröffnet das Geschehen, das von tatsächlich Metal-haften Anklängen („Dirty“, und das KoRn-Cover „Here to Stay“) über Sphärisch-Balladeskes („Nilha“, „Between Us“) und komplexe Rhythmen („Departure“ and „Epiphany“) bis hin zum fast klassisch anmutenden Finale „Rhododendron Rites“ führt, das Jacob Karlzon solo seinem Piano entlockt. Verschiedenste Klangfarben und Strukturen, die alle etwas Songhaftes entwickeln, fügen sich harmonisch nebeneinander. Genau wie das auf den ersten Blick sicher ungewöhnlichste Stück des Albums: das Cover von Nik Kershaws Hit „The Riddle“, das Jacob Karlzon spielerisch mit schwedischen Folk-Elementen verkleidet, wobei er einzelne Motive traumwandlerisch noch in virtuoseste Solo-Passagen einbindet.
Einladend, warm und vital ist das, was Jakob Karlzon auf MORE entwickelt. Und zugleich überraschend, schwebend und fesselnd. Zu Beginn eines jeden Songs ist nicht absehbar, wo genau die Reise enden wird, gewiss ist nur: Sie wird ihrerseits neue Horizonte eröffnen. „Ich schreibe und spiele Musik wie einen Soundtrack, um Gefühle und Atmosphären einzufangen und festzuhalten. Das ist für mich ein ganz wichtiges Element von Musik. Schon als Kind habe ich es geliebt, einfach durch die Gegend zu laufen und die Szenerien vor meinen Augen von meinem Walkman untermalen zu lassen.“
Was Jacob Karlzon aus diesen Szenerien macht, ist Musik für den inneren Film; großes Kopf-Kino, das alle Genres und Gefühlszustände inkludiert. Die Bilderreise beginnt, sobald der Tonträger rotiert. Oder, ganz unmittelbar, wenn Jacob Karlzon die Bühne betritt: „Live zu spielen ist für mich der Urzustand der Musik, ich liebe das“, sagt er, mit einer Emphase, die keinen Platz für Zweifel lässt. „Konzerte sollten keine Bildungsveranstaltung sein, sondern ein rauschhaftes Erlebnis für beide Seiten.“ Ab September 2012 ist Jacob Karlzon auf Tour in Deutschland. Mit seinen JK3, mit ungebremster Spielfreude, ohne jeglichen Filter. Mehr geht nicht.
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