Ex-Hansa-Star Stefan Beinlich über Lehrjahre in England, zwei Bundesliga-Aufstiege mit der Kogge und sein Abschiedsspiel im Ostseestadion
Nachdruck aus dem Buch "Hansa ist mein Leben" von Björn Achenbach mit freundlicher Genehmigung des Hinstorff Verlages
Er kam 1994 als junger unbekannter Spieler nach Rostock und reifte hier bald zum Regisseur, den es nach drei Jahren weiterzog: erst nach Leverkusen, wo er Nationalspieler und Vizemeister wurde, dann nach Berlin und Hamburg, wo er zum Star avancierte. Am Ende seiner Profikarriere verschlug es ihn nochmal an die Ostsee. Zweimal, 1995 und 2007, ist Stefan Beinlich mit Hansa in die 1. Bundesliga aufgestiegen, beide Male unter Frank Pagelsdorf als Trainer. Folgerichtig war "Paule" schließlich Kapitän der Kogge, bis er 2008 nach einer Verletzung von Bord gehen musste. Fast 20.000 Fans huldigten ihm im November 2009 bei seinem denkwürdigen Abschiedsspiel im Ostseestadion unter dem Motto "Servus, Paule!"
Als Hansa-Manager seit 2010 war ihm nur kurze Zeit Glück beschieden: Das neuformierte Team um Trainer Peter Vollmann schaffte zwar überraschend den sofortigen Wiederaufstieg in die 2. Bundesliga, doch nach dem erneuten Abstieg in die 3. Liga im Frühjahr 2012 trat Beinlich von seinem Posten zurück. Er lebt in der Hansestadt und ist Geschäftsführer des Rostocker Leichtathletik-Verbandes (LAV).
0381-Magazin: Du hast mit zwei Jahren mit dem Fußball begonnen. In dem Alter machen andere noch in die Windeln …
Stefan Beinlich: Ich bin immer der Kugel hinterhergelaufen. Warum macht das ein Kind? Wahrscheinlich, weil es Spaß daran hat, den Ball zu treten. Weder mein Papa, noch meine beiden Opas waren jemals Fußballer. Vaddern hat Volleyball gespielt. Oma war Feldhandballerin. Ich weiß nicht, woher es kommt.
0381-Magazin: Und wie kamen deine Eltern darauf, den Jungen, der immer dem Ball hinterherlief, zum BFC zu schicken?
Beinlich: Sie haben irgendwann festgestellt, dass Fußball mein größtes Hobby war. Wenn ich frei hatte, war ich immer mit dem Ball unterwegs. Und verlieren konnte ich schon damals nicht. Da haben sie sich gesagt: Wenn wir ihn schon beim Fußball anmelden, dann soll es der beste Verein sein, den wir in Berlin haben. Für sie war das der BFC. So sind wir dann eines Tages zum Probetraining gegangen. Es sollte eigentlich eine Woche dauern, aber nach dem ersten Tag hieß es: Den nehmen wir.
0381-Magazin: Welche Erinnerungen hast du an diese BFC-Zeit? Wie hat sie dich geprägt?
Beinlich: Für uns war es ja damals normal, aber wenn man es im Nachhinein betrachtet, dann war es eine Ausbildung, wie es sie heutzutage wieder gibt. Wir haben schon mit sechs dreimal die Woche trainiert, mit acht viermal, mit zehn fünfmal die Woche und jeweils am Wochenende ein Spiel. Im Winter gab es immer Hallenturniere. Das war das Schönste – ich hab immer gerne in der Halle gespielt. Und dann kam mit der 7. Klasse die Kinder- und Jugendsportschule, die dem heutigen Sportgymnasium entspricht. Da haben wir dann zwei-, dreimal die Woche vormittags, den Rest nachmittags trainiert. Es war eine tolle Ausbildung. Es war anstrengend, du musstest auf sehr vieles verzichten. Aber ich hatte immer Freude am Fußball.
0381-Magazin: 1988 bist du dann zu Bergmann Borsig gewechselt – offiziell wegen eines Herzfehlers, inoffiziell aus politischen Gründen. Wie war es wirklich?
Beinlich: Ein Wechsel war es ja nicht. Nach einer sportärztlichen Untersuchung wurde mir erklärt, dass ich Herzrhythmusstörungen hätte – die hab ich auch, heute noch – und aus diesem Grund keinen Fußball mehr spielen dürfe. Sie erklärten mir: Wenn der Ball während einer Herzrhythmusstörung auf mein Herz fällt, kann ich tot umfallen. Deswegen ginge kein Fußball mehr. Aber Volleyball könne ich spielen. Und dann habe ich ein Jahr keinen Fußball mehr gespielt. Nach einer weiteren Untersuchung hieß es: Jetzt ist es schon besser, du kannst wieder anfangen. Inzwischen hatte ich über eine Nachbarin, die die Mutter des Trainers kannte, die Wahrheit rausbekommen: Mit Herzrhythmusstörungen hatte das nichts zu tun. Wir hatten Westverwandte, meine Tante in Hamburg, und aus diesem Grund passte ich nicht in die kaderpolitische Schiene.
0381-Magazin: Warst du nicht im Nachhinein total sauer, dass sie dir da ein Jahr geklaut haben?
Beinlich: Damals hat es wehgetan. Ich durfte nicht mehr Fußball spielen! Ich durfte das, was ich seit meinem zweiten Lebensjahr gemacht hatte, nicht mehr ausüben.
0381-Magazin: Du hast die Welt nicht mehr verstanden.
Beinlich: Nee, überhaupt nicht, da gab es Tränen. Ich durfte noch ein halbes Jahr auf der Kinder- und Jugendsportschule bleiben, denn im Sommer schlossen wir die zehnte Klasse ab. Ich habe auch immer noch mittrainiert; nicht durchgängig, bei Zweikampfübungen haben sie mich rausgelassen, aber alle möglichen Spielformen konnte ich mitmachen. Und dann habe ich mich bei Bergmann Borsig angemeldet und dort in der A-Jugend gespielt. Das war schön, ich war aufgeregt ohne Ende, auch wenn es nur die Kreisklasse war. Es kam viel Glück dazu, dass ich diesen Weg so gehen konnte, wie ich ihn gegangen bin.
0381-Magazin: Du hast dann eine Ausbildung zum Elektriker gemacht.
Beinlich: Meine Lehre ging von 1988 bis 1990, die Prüfungsarbeit war übrigens ein Schaltkasten für eine Walzanlage bei Bergmann Borsig. Hat funktioniert! 1990/91 spielten wir in der DDR-Liga. 1991 kamen wir in die Amateur-Oberliga, also hieß es einen Job suchen. Über den Verein wurde mir eine Umschulung zum Kaufmann angeboten. Ich war 18, musste früh um fünf aufstehen und abends um fünf trainieren – bis ich mir eines Tages sagte: So, entweder, ich höre mit Fußball auf, oder ich probiere es, Profi zu werden; dann muss ich mich arbeitslos melden, damit ich vormittags trainieren kann. Das habe ich dann gemacht und hatte dieses Quäntchen Glück, dass es ganz schnell ging und Aston Villa zum Amateurverein Bergmann Borsig in Berlin kam und erklärte: Diese beiden Kicker (Stefan Beinlich und Matthias Breitkreutz/d.R.) würden wir gern mit in die First Division – später: Premier League – nehmen!
0381-Magazin: Du warst drei Jahre dort, hattest allerdings nur 16 Einsätze, dir gelang ein Tor …
Beinlich: Das hat nicht gereicht. Ich war damals öfter enttäuscht, dass ich es nicht schaffte, häufiger im Kader der 1. Mannschaft zu stehen. Man selber denkt ja, man ist schon weiter. Aber sie hatten nicht unrecht. Sie haben mir immer gesagt, nicht nur der Trainer, sondern auch die Familie: You have to be stronger. Du musst kräftiger werden. Ich hab 68 bis 70 Kilo gewogen, mit meinen eins achtzig. Dann kam Stuart Pearce, und ich landete in der dritten Reihe der Tribüne. Den Ball hatte ich zwar noch, aber es hat mir nichts gebracht. Kraft und Körnigkeit gehören einfach dazu. Wie jetzt der eine oder andere junge Spieler, die fußballerisch gut sind, aber halt diesen Schritt in den Männerfußball noch gehen müssen. Und das habe ich in England gelernt.
0381-Magazin: Warst du dann froh, als das Angebot von Hansa kam, weil du dachtest, jetzt kann ich hier weg?
Beinlich: Es war andersrum. Ich wollte nach Deutschland, hatte aber keinen Verein. Ich wollte weg, weil ich sah: In England hast du 40, 45 Profis, da ist es unheimlich schwer, sich durchzusetzen. Es gab interessante Angebote: Norwich und die Queens Park Rangers wollten eine Million zahlen, um mich zu holen. Damals gab es ja noch keine ablösefreien Wechsel. Ich wollte aber nach Deutschland zurück. Und dann hat mich Frank Pagelsdorf angerufen, oder besser gesagt Jörg Neubauer. Wir haben uns in Berlin getroffen. Er hatte meinen Werdegang verfolgt und auch unser Ablösespiel Bergmann Borsig gegen Aston Villa gesehen. Er hat gesagt: Dich sehe ich in meiner Truppe. Darauf ich: Ich habe jetzt drei Jahre nur auf der Bank gesessen – ich will die Chance haben zu spielen! Er: Wenn ich dich hole, dann bin ich auch überzeugt davon. Du kriegst deine Chance, du musst sie halt nutzen. So bin ich zu Hansa Rostock gekommen.
0381-Magazin: Warum ließ dich Aston Villa eigentlich für 160.000 DM ziehen? Die hätten doch sagen können: Nö, den verkaufen wir für ne Million.
Beinlich: Wie kommst du auf 160.000? Ich hab damals andere Zahlen gelesen. Für Spieler, die nicht groß kicken, war die Summe, glaube ich, in Ordnung. Uns hat damals ein Pharmakonzern gekauft. Das lief über Gerd Kische, der hat das gut organisiert. Matthias kam ja dann mit dazu. Er war erst bei Hertha im Gespräch, dann ging da irgendwas schief, und er hatte plötzlich keinen Verein mehr. Da hat Frank Pagelsdorf sich bei mir erkundigt, und ich habe gesagt, na klar, sofort holen, super Kicker! Und damit waren wir im Paket.
0381-Magazin: Hat Gerd Kische mit dir einen Vertrag ausgehandelt?
Beinlich: Genau.
0381-Magazin: Mit dir direkt, oder hattest du da schon einen Berater an der Seite?
Beinlich: Das hat Jörg Neubauer gemacht. Wir sind von Berlin hochgefahren, übrigens zusammen mit Michael Hartmann, den Hansa auch haben wollte. Hardy hat sich damals noch gegen Hansa entschieden. Bei uns ging es eigentlich relativ schnell, denn für mich war klar: Ich will wieder Fußball spielen!
0381-Magazin: In Rostock bist du mit einem jungen Trainer und jungen, unbekannten Spielern in die erste Liga aufgestiegen und hast dort auf Anhieb mitgehalten. Was hat diese Mannschaft damals so stark gemacht?
Beinlich: Erstens der Zusammenhalt. Es war eine eingeschworene Truppe, und es war ein Vorteil, dass wir einen kleinen Kader von 20 Feldspielern hatten. Es gab keine großen Probleme und keine Verletzten. Wir hatten einen total heißen Trainer. Wenn wir nicht gewonnen haben, dann war der bockig – und das kriegten wir bis Donnerstagnachmittag zu spüren. Dann hat er das erste Mal wieder gelächelt. Vorher gabs Feuer, am Tag nach dem Spiel sind wir zwölf Runden im Wald gelaufen.
0381-Magazin: War sonst nicht immer die Rede vom "unbekümmerten Spaßfußball" unter Pagelsdorf?
Beinlich: Den haben wir ja auch gespielt! Wir hatten viele junge, aber auch erfahrene Spieler, die für die Mannschaft einfach wichtig waren: Heiko März, Hilmar Weilandt, anfangs noch Persigehl, Olaf Bodden. Wir waren halt eine Mannschaft, die funktioniert hat, natürlich auch, weil wir relativ schnell Erfolg hatten. Für den Verein wie auch für mich persönlich war es super, gleich aufzusteigen. Für Pagelsdorf war das von Anfang an klar. Der Verein hatte auf einer Pressekonferenz das Ziel einstelliger Tabellenplatz vorgegeben. Doch als die Journalisten draußen waren und Pagelsdorf seine Truppe allein zusammen hatte, sagte er: "Männer, zweite Liga – was gibts da für ein Ziel? Wir wollen aufsteigen!" Wir haben uns nur angeguckt, zehn Neue, alles unbekannte Spieler, Beinlich, Breitkreutz, Schneider, Baumgart ... Nachdem wir am 9. Spieltag zu Hause gegen Waldhof Mannheim – damals ein Top-Verein – ein gutes Spiel gemacht, aber 0:1 verloren hatten, war er zwar bockig, erklärte aber schon einen Tag später: "So, jetzt haben wir gegen alle gespielt, die oben mit dabei sind. Jetzt ist das Ziel nicht nur der Aufstieg. Jetzt wollen wir Erster werden!" Und er hatte Recht. Wir hatten das Potenzial, Erster zu werden und sind es ja dann auch geworden. Nächste Saison ging es so weiter: Das offizielle Ziel war der Klassenerhalt, inoffziell hieß es: internationaler Wettbewerb. Wir haben es leider verpasst, aber es war im Rahmen des Möglichen. Er hat es geschafft, mit seiner Art und Weise, die nicht immer einfach war, der Mannschaft das zu geben, was sie brauchte. Er hat junge Spieler entwickelt, taktisch und persönlich. Er war selber Spieler, er wusste, wovon er sprach und konnte es ganz gut rüberbringen.
0381-Magazin: 1997 bist du nach Leverkusen gegangen, wurdest Nationalspieler und zweimal Vizemeister. War Hansa das Karriere-Sprungbrett für dich?
Beinlich: Ja, so muss man es im Nachhinein betrachten. Privat wäre ich hier nicht mehr weggegangen. Aber aus sportlicher Sicht war es richtig, den Verein zu verlassen, um den nächsten Schritt zu gehen: international zu spielen und Nationalspieler zu werden.
0381-Magazin: Und trotzdem hat dir der Abschied aus Rostock wehgetan.
Beinlich: Das war der schwerste Abschied, deswegen bin ich vielleicht auch wiedergekommen. Ich hab das nie verkraftet (lacht). Das erste halbe Jahr fiel es mir richtig schwer in Leverkusen. Es hat gewisse Anlaufschwierigkeiten gegeben.
0381-Magazin: Im Jahr 2000 hast du mit Bayer Leverkusen am letzten Spieltag die Meisterschaft verpasst – 0:2 in Unterhaching. Wie schlimm war das?
Beinlich: Unmittelbar nach dem Spiel ging es noch. Aber drei oder vier Tage später rief dann noch Erich Ribbeck an und teilte mir mit, dass ich nicht bei der Europameisterschaft dabei bin – und da kamen mir dann doch die Tränen. Zwei Nackenschläge in kürzester Zeit. Ich war gerade dabei, die Sachen für den Umzug von Leverkusen nach Berlin zu packen und hatte die Sporttasche extra beiseite gestellt, weil ich dachte, ich wäre dabei – ich war ja torgefährlichster Mittelfeldspieler, auch wenn wir am Ende leider nur Vizemeister wurden. Die Spiele davor war ich noch eingeladen, plötzlich nicht mehr – das war schon hart.
0381-Magazin: Nach den Stationen Hertha BSC und HSV bist du nochmal zu Hansa zurückgekehrt, wieder unter Pagelsdorf, wieder Aufstieg – eine Geschichte, die man nicht schöner hätte schreiben können. Da hat sich ein Kreis geschlossen.
Beinlich: Das kam dann am Ende so. Beim HSV hatte ich auch tolle drei Jahre mit einem schwierigen Abschied, weil ich verletzt war. Ich konnte das zweite halbe Jahr gar nicht mehr spielen wegen meiner Schambeinentzündung. Der Verein wollte verlängern, aber wir hatten unterschiedliche Vorstellungen. Für mich war danach sofort klar, dass ich nur noch für einen Verein spielen möchte: Hansa Rostock, obwohl es andere Angebote im In-und Ausland gab.
0381-Magazin: Pagelsdorf über Beinlich: "Ein Straßenfußballer und Musterprofi, einer, der eine Mannschaft auch in schwierigen Situationen führen kann" – wie siehst du dich selbst im Rückblick als Spieler, deine Qualitäten, deine Grenzen?
Beinlich: Definitiv nicht als Musterprofi. Ich hab für den Fußball gelebt, von früh bis abends, aber ich bin auch nach dem Spiel mal weggegangen. Ich habe mein ganzes Fußballerleben geraucht – heute übrigens nicht mehr. Aber was die Einstellung betrifft, da geht das schon in diese Richtung. Ich habe versucht, als Mannschaftssportler immer da zu sein. Natürlich hatte ich auch einen Hals, wenn ich bei Christoph Daum oder beim "Toppi" nicht in der ersten Elf war. Ich wollte immer spielen! Das ist schon schwer, wenn du da draußen sitzt. Aber du musst zumindest nach außen hin zeigen, komm, wir sind hier ne Truppe, und dafür ordne ich alles unter – wie es in dir aussieht, spielt keine Rolle. Das war mein Credo.
0381-Magazin: Dein Karriereaus ereilte dich 2008 nach einer Verletzung im Spiel beim MSV Duisburg – dein bitterster Moment?
Beinlich: Ich war 36 und hatte sowieso schon überall Wehwehchen. Es war gut, dass es mich getroffen hat und nicht einen 21-Jährigen.
0381-Magazin: Anderthalb Jahre später, am 15. November 2009, wurde dein Abschiedsspiel vor 18.900 Zuschauern in Rostock unter dem Motto "Servus, Paule" zelebriert. Wie hast du diese Ovationen der Fans erlebt?
Beinlich: Ich kriege immer noch Gänsehaut, wenn ich nur daran denke. Hansa sollte im Vordergrund stehen, die beiden Aufstiegsmannschaften, von denen ich ein Teil war, plus eine Mannschaft aus Spielern, mit denen ich mal zusammengekickt habe. Wenn man nochmal Revue passieren lässt, wie das Ganze abgelaufen ist: Mehr geht nicht! Schöner kann man sich nicht verabschieden. Das einzig Traurige an der Geschichte war, dass Robert Enke sich ein paar Tage vorher leider das Leben genommen hat.
0381-Magazin: Im Frühjahr 2010 wurdest du Manager bei Hansa. Warum erst so spät?
Beinlich: Ich habe schon als Spieler nicht zu allem Ja und Amen gesagt. Und genauso war das 2008 auch. Der Verein wollte mich einbeziehen, aber wir hatten komplett unterschiedliche Auffassungen. Es war gar nicht mein Ziel, als Manager einzusteigen. Damals war Herbert Maronn Manager. Ich wollte nicht einfach so übernommen werden, weil ich hier mal gekickt habe, sondern es sollte schon in die sportliche Richtung gehen, um mich weiterzuentwickeln. Und es hat halt nicht gepasst. 2010 wurde Bernd Hofmann neuer Vorstandsvorsitzender. Wir trafen uns, unsere Vorstellungen deckten sich, so dass er ein, zwei Tage später anrief und sagte: Mensch, ich würde das gern mit dir machen. Dann standen sofort die ersten Verhandlungen mit zwei Trainerkandidaten an. Das ging auch ziemlich schnell …
0381-Magazin: … denn da war ja einer dabei.
Beinlich: Ja, und der Peter Vollmann war super vorbereitet. Sein späterer Rauswurf tut mir heute noch unheimlich weh, weil es so ein toller Mensch ist.
0381-Magazin: Wenn die Zwänge des Fußballgeschäfts einen dazu bringen, dass man einen Trainer wie Peter Vollmann rauswirft, kann man sich dann heute trotzdem noch gerade in die Augen sehen, oder bleibt da immer etwas zwischen einem?
Beinlich: Bei uns jetzt nicht mehr. Es war zu Anfang ganz schwer. Wir hatten am Montagabend telefoniert, am Dienstag durfte ich vor die Mannschaft treten und ihr das mitteilen. Peter Vollmann war mit dabei und hat sich danach verabschiedet. Im Nachhinein habe ich mich oft gefragt: War es richtig? Wenn ich auf die Tabelle gucke, sage ich, ja. Vielleicht war es auch nicht richtig. Vielleicht hätte ich auch sagen müssen: Wir gehen mit diesem Trainer bis zum Ende der Saison, und wenn wir es nicht packen, dann nehmen wir beide unseren Hut.
0381-Magazin: Kam der Aufstieg 2011 womöglich ein Jahr zu früh?
Beinlich: Für den Verein war es total wichtig aufzusteigen, um die Strukturen weiter aufrechterhalten zu können. Aus sportlicher Sicht wäre es besser gewesen, in Ruhe die 3. Liga zu halten, aber aus finanzieller Sicht hätte dies Entlassungen nach sich gezogen. Nein, es war toll, es war schön. Wir haben es leider nicht geschafft, diesen Moment auszunutzen, um uns in der 2. Liga zu halten. Letztlich hat die Qualität gefehlt, auch das Quäntchen Glück. Vielleicht hätten wir doch noch einen Stürmer holen müssen. Wir haben es nicht geschafft. Das war für den Verein, für die Region und für mich persönlich eine Riesenenttäuschung.
0381-Magazin: Die Verpflichtung von Wolfgang Wolf war ja dann nicht der erhoffte Glücksgriff. Warum er?
Beinlich: Wir saßen damals mit zwei Trainern zusammen, und Wolfgang war Feuer und Flamme. Er konnte ganz klar darlegen, woran es hapert, woran wir arbeiten müssen. Das war einfach überzeugend. Wie Peter Vollmann war auch Wolfgang Wolf sehr gut vorbereitet auf die Situation, konnte das Ganze richtig einschätzen. Leider konnten wir es dann nicht so umsetzen, wie wir es uns vorgestellt haben.
0381-Magazin: Nach dem Abstieg hast du die Verantwortung übernommen und deinen Rücktritt eingereicht, für manche Fans eine böse Überraschung.
Beinlich: Für mich stand relativ früh – im Januar, Februar 2012, nach dem Wintertrainingslager – fest: Wenn wir es nicht schaffen, in dieser Liga zu bleiben, dann werde ich die Konsequenzen ziehen. Ich habe dem Ziel, die Liga zu halten, alles untergeordnet, und wir haben es trotzdem nicht geschafft. Am Sonntag nach dem Union-Spiel habe ich zu Bernd Hofmann gesagt, wir müssen uns Montag zusammensetzen. Er wusste, worauf das hinauslief ...
0381-Magazin: … und hat dich lange bekniet zu bleiben.
Beinlich: Ja, er hat dann den Trainer mit einbezogen, denn es ging ja auch um den Neuaufbau. Vier Wochen lang kam er fast täglich zu mir und bat mich, es mir nochmal zu überlegen, schickte SMS, er hat wirklich alles getan. Das war schwer.
0381-Magazin: Bist du nun fertig mit dem Fußballgeschäft, oder nimmst du dir nur eine sehr lange Auszeit, um vielleicht später nochmal anzugreifen?
Beinlich: Man sollte nie nie sagen (lacht). Im Moment fühl ich mich ganz wohl, bin froh, dass ich aus den Medien raus bin. Es ist einfach schön, nicht mehr ein Teil der Öffentlichkeit zu sein. Ich war nie der Typ, auch als Fußballer schon nicht, der sein Privatleben öffentlich ausbreitet. Ob es irgendwann mal in den Fußball zurückgeht, muss man einfach abwarten.
0381-Magazin: Was machst du eigentlich genau in deinem neuen Job hier beim LAV?
Beinlich: Ich bin Geschäftsführer. Es ist alles ganz anders als im Fußballbereich. Wir haben hier vier Trainer, Übungsleiter, viele, die uns aus Spaß an der Freude unterstützen. Wir haben einen ehrenamtlichen Vorstand. Den Verein gibt es jetzt seit 15 Jahren, und wir versuchen, das Ganze zu koordinieren.
0381-Magazin: Wenn du dein Büro verlässt, gehst du ja im Prinzip gleich an den Trainingsplätzen des F.C. Hansa vorbei. Wirfst du da schon nochmal einen Blick drauf, oder sagst du dir, nein, da gucke ich jetzt gar nicht mehr hin?
Beinlich: Ich gucke noch, aber ich stelle mich nicht hin und sehe mir das Training an.
Interview: Björn Achenbach, Arvid Langschwager