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Fallen Falls – Retrospektive der deutsch-russischen Künstlerin Anna Bogouchevskaia
Jan 24
Stecken wir bereits in der Apokalypse, ohne den Untergang der Welt zu bemerken? „Fallen Falls“ oder auch „Gefallene Fälle“ kann als der warnende Fingerzeig einer Künstlerin verstanden werden, die ihr überwiegend plastisches Werk in Bronze heute schon als Mahnmal einer untergehenden Welt erscheinen lässt und dies Betrachter der gleichnamigen Ausstellung in der Kunsthalle Rostock mit mehr als 100 Werken präsentiert. Die Überblicksschau wird noch bis zum 10. März 2024 zu sehen sein.
Der prognostizierte Klimawandel spielt für die weltweite Bevölkerungs-und Wirtschaftsentwicklung eine immer wichtigere Rolle. Von einer beeinträchtigten Lebenssituation für Mensch, Flora und Fauna kann heute ausgegangen werden, wie die Zunahme von Tsunamis, Versteppung, das Verschwinden der Gletscher sowie Wasserfälle zeigt. Die deutsch-russische Bildhauerin Anna Bogouchevskaia gibt den heute aktueller denn je und dringlichen Themen in ihren Bronzen und Zeichnungen mit rund 140 Werken ein Antlitz und tritt dabei für einen anderen und nachhaltigeren Umgang mit der Umwelt ein.
Die Ausstellung zeigt in sechs Ausstellungsräumen die unterschiedlich inhaltlichen Aspekte im Werk von Anna Bogouchevskaia. Dabei durchschreiten Besucher den Lebensweg der Künstlerin von heute bis in ihre Kindheit als Tochter zweier namhafter Bildhauer in Moskau. Die Besucher lernen dabei das skulpturale Werk mit ihrem auch für die Ostsee-Region so wichtigen Element Wasser in ihren unterschiedlichen Aggregatzuständen und als Lebensraum kennen.
Sie liefert einen Überblick über die Künstlerin, deren Biografie ebenso mit jener von Marc Chagall familiär verwoben ist, genauso wie durch ihre Verwandtschaft mit dem deutschen Philosophen Karl Marx. Sie legt aber auch Hintergründe offen, die sie nach dem Fall des Eisernen Vorhangs und ihrem Umzug von Moskau nach Berlin in die Freundes- und Dissidenten-Kreise und das Umfeld um den Friedensnobelpreisträger und Menschenrechtler Andrei Sacharow wechseln ließen.
Anna Bogouchevskaias Bildhauerei ist geopolitischer Umgang mit Themen an der Schnittstelle von Figuration zur Abstraktion. Es ist die erste Überblicksausstellung der deutsch-russischen Bildhauerin in Deutschland, die auch ihr Frühwerk in der Auseinandersetzung mit den Werken des französisch-russischen Künstlers Marc Chagall (1887-1985) vorstellt. Bogouchevskaia ist Urenkelin des deutschen Philosophen Karl Marx. Ihre Familie war einst durch ihren Urgroßvater, der zur selben Zeit Rabbiner in Peskowatik, der früheren Kleinstadt Witebsk in Weißsrussland an der Grenze zu Russland war, stets mit Chagall und seiner Frau verbunden gewesen. Nach dem Fall des Eisernen Vorhangs übersiedelte die Künstlerin nach Berlin, wobei ihr Übergang zum Mittelbau ihres künstlerischen Werkes sich zunehmend in ihrer Skulptur den Naturphänomenen zuwendet.
Ihr aktueller Werkblock zeigt durch den französischen Dokumentarfilm „Microcosmos“ (1996) inspiriert, zunehmend Skulpturen von makroskopisch vergrößerten Wassertropfen. In der Ausstellung wird erstmals ihr Werkblock „Fallen Falls“ als Beschäftigung mit dem Klimawandel gezeigt. Weltweit verschwindende Wasserfälle und die Flüchtigkeit des Elements Wasser übersetzt sie in ihre Skulpturensprache und diese in Bronze. Flüchtige Momente und Naturphänomene der Ostseelandschaft durch u.a. Blumenblüten, Nebel, Schnee und Wolken durchsetzen thematisch ihr Werk und öffnen dem Besucher einen Blick auf Flora und Fauna, der die Abstraktion im Sinne eines Neuen Post-Impressionismus aufleben lässt.
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