Report
Von Pflegekindern und all ihren Eltern
Aug 18
Zehn Jahre ist es jetzt her, dass die Betreuung von Pflegekindern und -familien in die Hände des Pflege-Familien-Zentrums der Caritas in Rostock (PFZ) überging: eine damals wie heute nicht gewöhnliche Lösung, denn an den meisten Orten in Mecklenburg-Vorpommern ist es das Jugendamt selbst, das diese Aufgabe übernimmt. Seitdem ist das Team ist ebenso stetig gewachsen, wie die Anzahl der betreuten Pflegefamilien. Ein Prozess in dessen Verlauf viele Einsichten wuchsen. So etwa jene, dass eine gute Betreuung von Pflegekindern und -familien nach Möglichkeit jene Familien mit einbeziehen sollte, aus denen die Kinder stammen. Dass also eine Zusammenarbeit mit beiden Familien für die Kinder wichtig ist, auch wenn sie Kraft kostet. Dass dies eine wichtige Voraussetzung dafür ist, dass ein Pflegeverhältnis ‚gelingt‘ also so lange bestehen kann, wie es benötigt wird.
Das im September dieses Jahres anstehende zehnjährige Jubiläum ist für das PFZ Grund zum Feiern, aber auch Anlass zum Nachdenken über die bisherige und die zukünftige Arbeit. Und wer wäre hier ein besserer Berater als eben jene, die in den vergangenen Jahren ihre wichtigsten Kooperationspartner waren: Herkunftsfamilien und Pflegefamilien. Sie alle kommen deshalb in einem Buch zu Wort, das aus Anlass des Jubiläums erscheint. Erzählt werden darin die Geschichten von Menschen, die sich entschlossen haben, Pflegeeltern zu werden. Aber auch Geschichten von Müttern, die ihre Kinder in eine Pflegefamilie gaben. Das Buch schildert den Weg bis zu dieser Entscheidung, beschreibt Ängste und Sorgen, die dieser Schritt mit sich brachte – und was inzwischen daraus geworden ist. Die „Geschichten, wie sie das (nicht ganz alltägliche) Leben schreibt“ zeichnen ein so berührendes wie differenziertes Bild von Menschen, die nicht durch Geburt sondern durch bewusste Entscheidungen zueinander gefunden haben. Und von Menschen, für die das Wohl ihres Kindes großen eigenen Schmerz bedeutet. Sie erzählen vom Umgang mit verletzenden Vorurteilen, vom Hineinwachsen in eine Aufgabe – und vor allem davon, dass am Ende aller Zweifel und Fragen immer wieder auch das Empfinden einer großen Bereicherung steht.
Begleitend wurde eine Ausstellung erarbeitet, die am 17.9.2018 im Rostocker Rathaus eröffnet wird und dann durch Rostock „tourt“. Die Vernissage ist der Auftakt einer ganzen Woche, die sich, aus Anlass des Jubiläums, dem Thema Pflegefamilien widmet. Außerdem geplant sind eine Theateraufführung, die über das ganze letzte Jahr hinweg mit Pflegekindern und deren Eltern vorbereitet wurde, ein Kinoabend im LiWu, bei dem der Film „Das Kind in der Schachtel“ gezeigt und ein Publikumsgespräch mit dessen Macherin, Gloria Dürnberger-Stern, geführt wird, sowie ein Kochabend und ein Fest mit Pflegekindern und Pflegefamilien, die das PFZ als Gelegenheiten des Austauschs und Zusammenseins organisiert. Den Abschluss bildet eine Lesung mit Musik in der Stadtbibliothek, die sich vor allem an Kinder richtet. Diese auf den ersten Blick ungewöhnliche Zielgruppe macht noch einmal Eines sehr deutlich: Das Thema Pflegefamilien geht uns alle an. Es braucht nicht nur die Familien selbst, die so viel Mut, Engagement und Herz aufbringen, das eigene Hause für ein Pflegekind zu öffnen. Fast ebenso wichtig sind unser aller Unterstützung, der wache Blick, die Akzeptanz und der vorurteilsfreie Umgang – mit den Kindern und ihren besonderen Erfahrungen und Bedürfnissen, aber auch mit all ihren Eltern. Denn Familie ist eben immer das, was auf bestmögliche Weise durch ein Kinderleben und ins Erwachsenwerden begleitet. Wie dies konkret aussieht, kann von Fall zu Fall sehr verschieden sein. Und trotzdem gut und richtig.
Kristina Koebe
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