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Erik Ortlieb ist seit April 2019 Koordinator der Kommune Inklusiv in Rostock und versucht, gemeinsam mit seinen Kolleginnen Jacqueline Köhler und Judith Stolle, die Barrieren in der Stadt und den Köpfen der Menschen abzubauen. Der gebürtige Rostocker überzeugt dabei nicht nur mit einer fundierten pädagogischen Ausbildung, sondern auch mit seinem kreativen Geschick und seinem starken Interesse an seinen Mitmenschen.

Erik Ortlieb ist aktuell das Gesicht der Kommune Inklusiv Rostock und das, was man als redegewandt bezeichnen würde. „Manche Personen sagen, ich erinnere sie an Hape Kerkeling.“ Ein Umstand, den ich nach kurzen überlegen bestätigen möchte. Der zweifache Familienvater, liebende Partner einer glücklichen Frau und gelernter Erzieher ist ein Mensch, der sofort mit Witz und Scharm, aber stets auf Etikette achtend, in die Unterhaltung einsteigt und sie schnell, charmant und kreativ leitet. „Meine Leidenschaft liegt im Bereich Kunst und Kultur. Die Bereiche haben eine unglaubliche Kraft sowohl Dinge auszudrücken, als auch Menschen in ihrer Haltung zu bewegen. Rückblickend hätte ich wohl was Kreatives machen sollen“, erzählt er und ergänzt, dass er zehn Jahre als Zauberer gearbeitet habe und auch gut bezahlte Auftritte wie Autohauseröffnungen und Hochzeiten hatte. „Ich habe zudem im ‚Theater am Ring‘ in Rostock gespielt. Mein ehemaliger Lehrer Torsten Malter hat mich damals von der Schule aus angefragt. Geblieben bin ich dann zehn Jahre bis 2017.“ Ein Grund, warum er trotz dieses kreativen Backgrounds eine Erzieherausbildung absolvierte, war sein Lampenfieber. „Schon Wochen vorher bin ich nicht mehr einsatzfähig. Ich habe festgestellt, dass wenn ich improvisieren darf, wenn es keinen Text gibt und ich mir nur Infos im Vorfeld anlesen muss, fühle ich mich am wohlsten. Deswegen war der Podcast von Kommune Inklusiv während Corona genau das Richtige für mich.“

Nach dem Abitur und der Frage im Kopf, was Erik mal werden sollte, vertrieb er sich die Zeit mit Kinderanimation. „Ich habe relativ schnell gemerkt, dass mir die Arbeit mit Kindern leicht viel und so fing ich meine Ausbildung am pädagogischen Kolleg in Rostock zum Erzieher an.“ Nach der Ausbildung hat er berufsbegleitend Kindheitspädagogik an der Fachhochschule des Mittelstandes studiert. „Ich habe während des Studiums wegen der Arbeitszeiten in einer Wohngruppe gearbeitet und bin dann in Kita und Hort gewechselt“, erzählt Erik und fügt hinzu, dass er später in einer anderen Einrichtung dann zum stellvertretenden Leiter wurde. Er übernahm schließlich für zwei Jahre die Leitung, als seine Kollegin in den Mutterschutz ging. „Das war für mich eine schmerzhafte Erfahrung. Am Ende des Tages muss eine Kita gefüllt sein, damit dort ausreichend Personal arbeiten kann. Ich hätte mir viele Sachen anders gewünscht. Das, was wir als Pädagogen wollen, ist, dass wir individueller und den Kindern zugewandt sind, dass weniger Kinder von mehr qualifiziertem Personal betreut werden. Da bin ich an meine Grenzen des Gestaltens gestoßen, deswegen war es auch gut, dass 2019 das Angebot von Kommune Inklusiv kam.“ Abgeworben hatte ihn Rebecca Schmidt, eine Mutter aus Eriks Kita, die ebenfalls bei Kommune Inklusiv gearbeitet hatte. „Wir hatten und haben in dem Projekt immer viel Freiheit mitzugestalten und stellen uns die Frage: Wie kann Inklusion im Sozialraum gelingen?“ Wissenschaftlich begleitet wurde diese Fragestellung fünf Jahre lang von der Universität Marburg und der Universität Frankfurt am Main. „Das Fazit ist, es ist ein Prozess, der nie abgeschlossen ist und die Ergebnisse schwer messbar sind. Das klingt vielleicht wie ein Misserfolg, ist es aber nicht. Wir können sagen, in Rostock hat es sich im Kleinen und im Einzelfall verbessert. Wir sind gerade dabei, uns weiter und neu in das Thema Kunst und Kultur reinzuarbeiten." Bereits 2023 gab es in dieser Richtung gemeinsam mit dem Volkstheater Rostock einen Aufruf in die Bevölkerung, wie „barrierefrei“ das Haus sei. Damals noch unter dem Dach der Aktion Mensch.

Seit dem 1. Januar ist Erik mit dem Projekt Teil der Hansestadt Rostock und der Caritas und will schauen, wie inklusiv unter anderem die Kunsthalle oder das neue Volkstheater sind und ob ein künftiges Zusammenarbeiten möglich ist. Wie das Ganze aussehen könnte, zeigte bereits in der Vergangenheit im Bereich Sport das erste inklusive Basketball-Team der Seawolves, genannt „WeWolves“. „Es geht aber nicht nur um Menschen mit körperlicher Behinderung. Diese werden heute meist beim Bau eines Hauses schon eingeplant: Rampen, breitere Türen und Ähnliches. Menschen mit einer psychischen Beeinträchtigung müssen auch mitgedacht werden. Menschen, die sensibel auf bestimmte Themen, Lichtreflexe oder Geräusche reagieren. So wäre es sinnvoll, Triggerwarnungen in den Programmheften eines Theaters zu haben. Ich bin auf der Suche nach Leuten, die mir zeigen können, wie eine inklusive Zusammenarbeit aussehen könnte.“

Erik Ortlieb ist durch und durch Rostocker und Menschenfreund, der auf eine positive Entwicklung des Miteinanders hofft und dafür arbeitet. „Wenn ich mit meinem Netzwerk und meinem Projekt was bewirken kann und ich einen Teil dazu beitrage, dass die Gesellschaft wieder näher zusammenrückt, ist das doch schön. Es fängt damit an zu fragen: Brauchen Sie Hilfe?“

ANTJE BENDA