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Ulrike Peuker – Neue Goldschmiedin in der KTV
Dez 24
Ulrike Peuker ist Goldschmiedin mit Sitz in der Rostocker KTV und gestaltet Anhänger mit Nasenabdrücken, Herzen mit graviertem Fingerabdruck oder „einfach“ Erinnerungen zum Festhalten. Sie verzahnt auf bezaubernde Weise mit ihrem Schmuck das Leben mit dem Tod.
„Auf Flanderns Feld Mohnblumen blühn – wo Kreuze, Reih an Reih, sich ziehn, dort liegen wir; am Himmel hoch die Lerche fliegt, singt tapfer, doch im Lärm der Schlacht hört keiner sie.” Das sind die ersten Zeilen, aus dem Gedicht „In Flanders Fields” von John McCrae, der damit einem Teil des ersten Weltkrieges in England ein Gesicht gibt und die rote Mohnblume zum Symbol an das Gedenken für gefallene Soldaten gemacht hat. Auf der anderen Seite ist diese rote Schönheit im persischsprachigen Raum ein Zeichen der Liebe. Zwei Seiten einer Medaille, die nicht zu trennen sind. Eine Symbolik, die auch die Goldschmiedin Ulrike Peuker für sich erkannt hat. Die Mohnblume zieht sich wie ein roter Faden durch ihre Arbeit. Der Mohn ist auf ihren Flyern zu sehen, hängt als großes Bild von Fotografin Stefanie Auer in ihrer Goldschmiede und symbolisiert ihre Nähe zum Thema Leben und Tod. „Ich hatte mal eine Kundin, die wollte eine Erinnerung an ihren verstorbenen Mann, aber auf keinen Fall einen Witwenring, denn damit konnte sie sich überhaupt nicht identifizieren. Wir haben dann aus ihrem und dem Ring ihres Mannes einen sehr schönen Schmuckring mit Opal gemacht.”
Die Goldschmiedin aus Rostock hat sich im Mai 2024 selbstständig gemacht und Räume in der Waldemarstraße 42 (ehemals Elektrik + Elektronik Schmoldt) angemietet. Ihren Fokus hat Ulrike auf Erinnerungs- und Trauerschmuck gelegt, egal ob für einen verstorbenen Menschen oder das geliebte Haustier. Bei ihr ist alles möglich. "Ich möchte Erinnerungen schaffen, die einem über die Trauerzeit einfach hinweghelfen. Ich habe mir, als mein erster Hund gestorben ist, einen Ring mit einem Opal gestaltet. Den habe ich lange getragen. Und als die Traurigkeit ging, blieb der Ring als Erinnerung. Ich glaube, dass der Tod zum Leben dazugehört. Es gibt Kulturen, die den Tod feiern. Hier in Deutschland ist es schwieriger, viele haben Angst vorm Tod und vermeiden darüber zu sprechen.” Wer möchte, bekommt bei ihr aber auch klassischen Schmuck gefertigt, egal ob für sich selbst oder als Geburtstagsgeschenk. „Ich mache gerade Anhänger für ein Ehepaar, wo der eine den Daumenabdruck des anderen bekommt, also im Wechsel. Es muss nicht unbedingt der Tod drüber stehen, sondern es geht in erster Linie um die Erinnerungen.”
Ulrike hat schon als Kind und Jugendliche gerne mit den Händen gestaltet und Dingen eine Form gegeben. Sie hat Töpfer- und Specksteinkurse besucht. Hat Kunst als Leistungskurs im Abitur gehabt und wollte eigentlich von Beginn an mit Schmuck arbeiten. „Ich habe mich nach dem Abitur in Heiligendamm beworben und dann mitbekommen, dass du deine ganzen Utensilien selber kaufen musst. Das heißt Brettwerkzeug und so weiter. Da bist du schon mal gleich einen halben Tausender los.” Damals war ihr das noch zu viel Geld, also suchte sie sich eine Alternative und begann in Wismar Produktdesign zu studieren. In einer Seminararbeit wollte sie einen Kreisel erstellen, der aus einem 5-teiligen Pentagramm bestehen sollte – zwei Teile Leben und drei Teile Tod. Ihr Dozent war dagegen. Nach einem inneren Kampf gegen eine langweilige Wurfkelle, setze sich ihre eigene Vorstellung durch und sie erarbeitete sich einen Kreisel aus Silber und Bernstein für Kaufleute und Seefahrer zur Zeiten der Hanse. „Meine Mutter ist Modedesignerin und hat mir aus einem alten, geprägten Lederbuchrücken ein Säckchen dazu genäht.” Trotz gutem Diplom bekam sie in diesem Bereich keinen Fuß in die Tür und entschloss sich 2009 die Ausbildung zur Goldschmiedin zu machen. "Ich wollte das nicht autodidaktisch lernen, sondern von der Pike auf.” Gelernt hat sie dreieinhalb Jahre in Hamburg bei Carsten Rüssow (Goldschmiedemeister und Uhrmacher) und ist anschließend zurück nach Rostock gekommen.
„Die meisten Goldschmiede in Rostock bilden entweder aus oder arbeiten alleine. Anette Klook ist die einzige Goldschmiedin mit Angestellten. Ich habe sie angerufen und gesagt: ‘So, ich glaub sie brauchen mich!’ Ich habe insgesamt dreimal Kontakt aufgenommen und irgendwann rief sie mich an und sagte: ‘Wir machen ein Probearbeiten.’ ”Es folgten zehn Jahre Zusammenarbeit, bis sie im Oktober 2023 kündigte, um sich selbstständig zu machen. „Ich brauchte ein Alleinstellungsmerkmal für die Selbstständigkeit als Goldschmiedin. Genau kann ich den Moment nicht mehr benennen, wann die endgültige Entscheidung fiel. Aber während und nach Corona sind so viele Menschen zurückgeblieben, dass ich wusste, dass ich für sie Erinnerungen schaffen wollte.”
ANTJE BENDA
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