Bewusst Leben
Entzünden Sie ein Feuerwerk in Ihrem Kopf!
Dez 24
Ex-Olympionikin Annika Walter war von 2014 bis 2020 Inhaberin eines Yogastudios, unterrichtete dort verschiedenste Altersgruppen und gibt heute – aus reiner Freude daran – noch gelegentlich Kurse.
Mit zunehmendem Alter lassen körperliche und geistige Leistungskraft eben nach. Das stimmt … zum Teil. Der größere Anteil an der abnehmenden Leistungsfähigkeit ist jedoch unserem Lebensstil geschuldet. Stundenlang am Schreibtisch sitzen, immer komfortabler leben und gedanklich immer in den gleichen Strukturen stecken zu bleiben, lässt uns sowohl körperlich als auch geistig einrosten. So wie wir unseren Körper wieder in Schwung bekommen, können wir auch unsere Rübe wieder etwas auf Vordermann bringen, alles dank der Neuroplastizität. Darunter versteht man die Fähigkeit von Synapsen, Nervenzellen oder auch ganzen Hirnarealen, sich zu verändern. Hier gleich mal die schlechte Nachricht: Sie können nicht wieder in den Jugendmodus zurück. Mit zunehmendem Alter nimmt die Hirnleistung tatsächlich ab, weil die Neuronen irgendwann futsch sind. Viel entscheidender ist jedoch, dass die Verbindungen zwischen den Nervenzellen, die sogenannten Synapsen, im Alter abgebaut werden. Und jetzt - Tärätärä – die gute Nachricht: In jedem Alter und zu jedem Zeitpunkt Ihres Lebens können Sie neue Synapsen bilden. Was im grunde ein alter Hut ist. Donald O. Hebb gilt als der Entdecker der synaptischen Plastizität und formulierte bereits 1949 die Hebbsche Lernregel, die Sie – zum Wohle Ihrer Synapsenbildung – gerne mal googeln können. Grob vereinfacht erklärt sie, dass Synapsen durch die wiederholte Reizung gleicher Neuronenverbindungen stärker werden. Das „stärker werden“ nennen wir Lernen. Werden die Synapsen nicht mehr benutzt, sterben sie ab. Das ist dann das Vergessen. Bekannt ist Ihnen das auch von Ihrem Körper. Wenn Sie beispielsweise beschließen, regelmäßig zu schwimmen, haben Sie am Anfang furchtbaren Muskelkater. Je öfter Sie schwimmen gehen, um so besser und schneller werden Sie dabei und es ist auch gar nicht mehr so anstrengend. Hören Sie auf zu schwimmen, verschwinden die Muskeln einfach wieder. Wenn Sie nach einer längeren Pause wieder neu starten, kriegen Sie auch wieder Muskelkater. Interessanterweise haben Sie jedoch nicht vergessen wie das Schwimmen selbst geht. Lange Zeit wurde hier das Muskelgedächtnis ins Spiel gebracht. Klingt irgendwie schlüssig, doch das Wunder steckt tatsächlich in Ihrem wundervollen neuronalen Netzwerk. Schließen Sie mal die Augen und stellen Sie sich vor, eine Bahn zu schwimmen. Am Anfang ist das etwas seltsam, aber mit der Übung fühlt es sich immer realer an. Das nennt sich ideomotorisches Training und ist gerade für Sportarten mit komplizierten und/oder sehr exakten Bewegungsabläufen wirklich hilfreich. Klingt verrückt, oder? Besser im Sport zu werden, ohne einen einzigen Muskel zu bewegen. Gehirne sind hochinteressant. Ich könnte noch stundenlang davon schwärmen, aber Sie wollen vermutlich lieber erfahren, wie Sie das Wissen um dieses faszinierende Gebilde für sich nutzen können. Im Grunde ist es simpel. Lernen Sie etwas Neues. Trainieren Sie Ihren Geist und sorgen Sie dabei immer mal wieder für Abwechslung! Mögen Sie Rätsel, dann tauschen Sie das geliebte Sudoku für die nächsten Wochen gegen ein anderes Logikrätsel. Lesen Sie gerne? Dann schmökern Sie sich mal durch ein oder zwei wissenschaftliche Fachzeitschriften, auch wenn Sie vom Thema noch keine Ahnung haben. Sie müssen die Zeitschriften nicht kaufen, unsere Stadtbibliothek bietet eine gute Auswahl an. Reisen Sie viel? Lernen Sie die Sprache Ihres Lieblingsreiseziels und wenden Sie sie an. Wenn Sie Ihre Koordination verbessern wollen, versuchen Sie es mit Line Dance oder probieren Sie mal Tischtennis. Sie kochen gerne? Dann bereiten Sie sich ein Mal wöchentlich etwas ganz Ungewohntes, putzen Sie sich die Zähne mit der anderen Hand, zählen Sie in Dreierschritten rückwärts von der 100 bis zur Null, malen Sie ein Bild, auch wenn Sie keine Künstlerseele haben, entdecken Sie den Charme eines anderen Musikstils, lernen Sie ein Gedicht für Weihnachten auswendig … gehen Sie sinnbildlich und auch im wahrsten Sinne des Wortes immer wieder andere Wege. Jede Veränderung, sorgt für neue neuronale Verbindungen, jede Wiederholung stärkt Ihre Synapsen. Lassen Sie es unter Ihrer Schädeldecke immer wieder feuern. Sie werden erstaunt sein, wie erfrischend diese kleinen Feuerwerke sind.
Alles Liebe!
Annika Walter
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