Bühne
Starke Stimmen für Zusammenhalt
Feb 25
Im neuen Musiktheaterstück des Volkstheaters wird das Publikum Teil der Inszenierung – „Die Winterreise“ ab 1. März in der Nikolaikirche.
Bauzäune, Klappbetten und nur das wichtigste Hab und Gut – die Rostocker Nikolaikirche erscheint in besonderer Szenerie als Notunterkunft. Sänger:innen gehen auf und ab. Es werden aktuelle Themen angesprochen, welche die Gesellschaft spalten und verhandelt werden müssen: Heimatlosigkeit, Fremde und Flucht.
Die „Winterreise“, 1827 von Franz Schubert komponiert, ist wohl einer der bekanntesten Liederzyklen der Musikgeschichte. Ein Jahr vor seinem Tod vertonte der unheilbar erkrankte Komponist die 24 Gedichte des Schriftstellers Wilhelm Müller. Es entstand ein Meisterwerk, das bis heute als Inbegriff der romantischen Musik gilt und ungebrochen Zuhörer:innen fasziniert.
Die Motive – Einsamkeit, Sehnsucht und Verlassenheit – beschäftigen die Menschen nach wie vor und so schlägt Regisseur Matthias Piro in seiner ersten eigenständigen Inszenierung einen Bogen zur heutigen Zeit und Gesellschaft. Er lässt die winterliche Reise in der Nikolaikirche spielen, einem besonderen Ort mitten in der Stadt, in einem Raum der Zuflucht.
Zentrale Figur des Zyklus ist ein Wanderer, der sich nach der Trennung von seiner großen Liebe dazu entschließt, allein in die kalte Winternacht aufzubrechen. Ein Mensch ohne Ziel und Heimat irrt durch die Kälte inmitten der Natur. Seine Reise ist keine gewöhnliche, denn sie findet kein Ende. Gedanken, Erinnerungen und Wirklichkeit verschwimmen immer stärker und der Wanderer scheint sich und seine Wahrnehmung nach und nach zu verlieren.
Piro spürt all dem nach und schnell ist ihm wichtig, es nicht bei einem Wanderer allein zu belassen. So zeigt er eine spezielle Fassung der „Winterreise“ von Gregor Meyer mit dem Opernchor des Volkstheaters (Leitung: Csaba Grünfelder), Baritonsolist (Grzegorz Sobczak), begleitet von zwei Akkordeons, die weite szenische Möglichkeiten eröffnet.
Auf diese Weise entsteht nicht das zu erwartende Zusammenspiel zwischen einem Individuum und Klavier, sondern eine Gruppe an Menschen, die miteinander agieren muss. Viele Individuen, die sich mit Traumata und Erinnerungen auseinandersetzen und feststellen, dass Flucht nicht die beste Möglichkeit ist.
Wegweisend für das Regieteam ist es, das Publikum als Teil der Inszenierung zu sehen, die mit den Sänger:innen gemeinsam ein immersives Erlebnis und eine Reise durchleben. Die multimediale Produktion wird mit einem zeitgenössischen Kostüm- und Bühnenbild von Lisa Moro und der poetischen und kraftvollen Videokunst von Janic Bebi unterstützt. Eine Film-Ebene und eine Live-Kamera werden viele Eindrücke und Perspektiven zeigen, die auch gezielt Blicke in verschiedene Richtungen lenken können.
„Man wird vielleicht nicht unbedingt Schuberts ,Winterreise‘ erleben, aber man wird eine Rostocker ,Winterreise‘ erleben“, erklärt Piro. „Eine Reise, in der man hoffentlich anknüpfen kann an Punkte, die einen selbst beschäftigen – mit sich, mit der Gesellschaft und mit der Stadt.“
„Die Winterreise“
01. & 07.03.2025 · 19.30 Uhr · Nikolaikirche
02. & 09.03.2025 · 18.00 Uhr · Nikolaikirche
Bild: Bariton Grzegorz Sobczak und der Opernchor des Volkstheaters begeben sich in der Nikolaikirche auf eine melancholische „Winterreise“.
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